Ich will nicht!

Viel mehr als mit Angst, bin ich diesmal angesichts der anstehenden Aufgaben mit totalem Unwillen in Kontakt.

Ich habe gestern die Frage gestellt: ‚Was steckt hinter diesem Unwillen?‘ und während ich gerade kopfüber hing und das Blut in meinen Kopf floss, wusste ich plötzlich, dass ich nicht grundsätzlich nichts tun will, sondern nur dann wenn ich das Gefühl habe ich diene. Dienen ist mit totalem Widerstand belegt, auch mir selbst dienen. Ich hasse mich selbst genau so als Teil der Welt und will mir keinen Gefallen tun. Dieser Teil will nichts und niemandem etwas Gutes bringen, und wenn es droht unabsichtlich zu passieren, dann zerstört er das noch irgendwie.

Mein ganzer Körper schreit: ‚Ich will nicht‘, ist ein einziges ‚ich will nicht‘. Da sitzt ein kleines Mädchen in meiner Mitte, das hat ein Nachthemd an, sitzt auf dem Boden, trommelt mit den Füßen, hat die Finger in den Ohren, die Augen zugekniffen und schreit.

Was ist mir dir?

ICH WILL NICHT!

Ja, das habe ich verstanden, was willst du denn nicht?

Sie hört auf zu trommeln, lässt die Hände sinken und macht die Augen skeptisch einen winzigen Spalt auf. ‚Das alles hier‘

Weißt du Kleine, ich würde wirklich gern verstehen was du meinst, ‚das alles‘ ist sehr ungenau. Meinst du dein Nachthemd?

‚Nein!‘

Das Zimmer

‚Nein!‘ verdreht sie sie Augen ‚Ich will mich nicht so fühlen!‘

Wie fühlst du dich denn?

‚Scheiße!‘

Oh, so etwas habe ich mir gedacht, aber geht es noch genauer?

‚Ich fühle mich als wäre in meinem Inneren ein Vulkan kurz vor dem Explodieren und ich gleichzeitig in einer Presse stecke, die mich von allen Seiten zusammendrückt.‘

Das klingt ja nicht gut.

‚Sag ich doch, gefangen, kann weder explodieren noch verschwinden, muss in der Hölle bleiben‘

Weißt du, wie du in diese Lage geraten bist?

‚Für mich ist in dieser Welt kein Platz an dem ich mich wohlfühlen kann, sein kann.‘

Ich setze mich neben sie und nehme sie in den Arm. ‚Ich bin so müde von dem ganzen Kampf, ich möchte hier nicht mehr sein.‘ Sie rollt sich zusammen und schläft ein.

Ich werde vollständig in die graue Schattenwelt eingesogen, Hier gibt es nichts, nur grau. Und das Grau ist zäh. Macht schwer und müde und aussichtslos.

Ich versuche mich zu bewegen aber ich komme nicht vom Fleck, meine Energie schwindet rapide. Ich kann nicht mehr, ich lasse mich zu Boden sinken. Der Boden gibt nach, er wird zu einem Netz, das nach unten durchhängt, nach unten in das Universum. Da unten ist es dunkel und kalt mit Sternen.

Ich schmelze durch das Netz hindurch und schwebe durch das Universum wie ein Einzeller im Wasser. Irgendwie unrund und planlos. Ich schaue mich um, es ist überall schrecklich, ich weiß nicht wohin, ich weiß nicht wohin, ich weine, da ist es zu heiß, da ist es zu grau, da ist es zu kalt, überhaupt ist es hier fremd und hässlich, ja fremd und hässlich und ungastlich. Wie soll ich mich hier jemals wohlfühlen? Was soll das Ganze hier? Kann mir das mal jemand sagen?

In meinem Magen ist ein Strudel, als würde ich in ein schwarzes Loch hineingesogen.

‚Ich will, dass es mir gut geht!, das kleine Mädchen ist wieder wach, sie steht und stampft dabei mit einem Fuß auf den Boden. ‚Ich will, ich will, ich will, es soll mir endlich gut gehen!‘

Ich habe nicht die geringste Ahnung was ich tun soll. Ich schaue ihr einfach zu, wie sie mit dem Fuß stampft und ‚ich will, ich will‘ schreit. Sie kommt näher, mit dem Gesicht vor mein Gesicht und sagt: ‚Hallo, hörst du denn nicht zu? Ich will dass es mir gut geht!‘

Doch, ich höre, aber ich weiß nicht was ich da tun kann.

‚Hör mir einfach zu! Ich will dass es mir gut geht, ich habe ein Recht darauf dass es mir gut geht, es ist nicht richtig dass es mir schlecht geht, es ist nicht richtig, verstehst du?‘

Ja, das stimmt, es ist nicht richtig, man hat dir unrecht getan. Man hat dir ein Unrecht angetan. Es war falsch, du hast das nicht verdient. Niemand verdient so etwas. Ich nehme sie in den Arm und murmele vor mich hin: ‚Man hat dir großes Unrecht angetan‘, immer und immer wieder will sie das hören. Wir weinen.

Ich bin total erschöpft, der Vulkan und die Presse haben nachgelassen. Die tiefe Traurigkeit ist da, aber ich kann einigermaßen mit ihr sein.

Hallo Wut

Hola, kein Wunder, dass sich mein Aberglauben hartnäckig hält. Kaum rede ich davon, dass ich schon lange keine Wutanfälle hatte, schon kommt einer um die Ecke.

Es musste aber nur ein Glas dran glauben und nicht der gesamte Spülmaschineninhalt wie früher. Aber diese Wut, diese ohnmächtige Wut war wieder da. Das Ausgeliefertsein, die Ungerechtigkeit.

Der Ungerechtigkeit ausgeliefert sein. Im Wutanfall habe ich das ganze Chaos aufgeräumt, geweint und versucht dieser Wut näher zu kommen.

Es ist trickreich, da ist zuerst Überforderung, dass es so viel, ist, dass ich es niemals schaffen werde, dann kommt die Ungerechtigkeit, dass ich das allein machen soll, und dann kommt der Widerstand, ich will es gar nicht schaffen, ich will es nicht machen selbst wenn ich kann, ich will und will und will nicht. Weil es ungerecht ist. Damit bin ich weiter gegangen, das sabotiert alles.

Ich fand ein Kind, dass die ganz Welt hasst, inbrünstig hasst, sie möchte alle vernichten, quälen, sich rächen. Ich habe diesen Hass verkörpert, blinde Wut und Rachegelüste, weil sie so unrecht behandelt wird und nichts dagegen tun kann. Also hasst sie die ganze Welt. Weil die Welt so gemacht ist, dass so etwas möglich ist.

‚Es ist eine blöde, beschissene, böse Welt, ich hasse alle, sie sollen alle leiden so wie ich.‘

Ich umarme es innerlich, auch dieses Kind gehört zu mir, ob es mir passt oder nicht. Ich kann die tiefe Verletzung und Ohnmacht spüren. Es wusste immer schon, dass alle Unrecht haben, dass das was sie von ihr verlangen falsch ist, dass nichts an ihr verkehrt ist, dass das, was sie ihr abgewöhnen wollen aber ihr ureigenstes Wesen ist, aber alles strampeln nutzte nichts, niemand nahm sie ernst, niemand verstand etwas. Sie beharrten nur stur auf ihre Blindheit.

Und da entstand der Hass und die blinde Wut. Die werden niemals nachgeben, niemals entsprechen, Rache steht auf die Fahne geschrieben, alle sollen leiden, sie wird niemandem gefällig sein. Niemals.

Sie beruhigt sich langsam. Erschöpft lässt sie sich in die Ecke sinken. Sie akzeptiert mich, sie spürt, hier darf sie sein.

Und ich? Ich habe ein Stück mehr verstanden was mit mir los ist. Ich konnte wieder ein wenig Biographie aus dem Heute entwirren. Heute existiert diese Ungerechtigkeit gar nicht, aber früher war sie real. Und diese Kleine, die so sehr hasst, sie gehört auch zu mir, ist auch eine Farbe.

Uraltes Marionettentheater

Heute ist es wieder an der Zeit für eine Unterhaltung mit meiner inneren Dicken.

Warum willst du jetzt Süßigkeiten?

Um es zu ertragen.

Was?

Alles, das Leben.

Hm. Geht es nicht genauer? Oder ich frage anders. Gibt es Momente, die du nicht ertragen musst?

Selten.

Ok. Dann nochmal anders. Jetzt in diesem Moment, was musst du ertragen?

Dass ich mich entscheiden muss, mache ich Yoga oder nicht?

Und was ist das Schlimmste was passieren könnte?

Dass ich mich falsch entscheide.

Wie würde das denn aussehen?

Ich mache Yoga, obwohl ich eigentlich keine Lust habe, oder ich mache kein Yoga obwohl ich eigentlich Lust habe. Oder ich denke so lange darüber nach, dass sowieso keine Zeit mehr bleibt.

Oh. Woran würdest merken, dass es die falsche Entscheidung war?

Ich fühle mich dann nicht wohl.

Und ist es dann erlaubt die Entscheidung zu revidieren?

Nur in eine Richtung. Ich kann noch Yoga machen, aber ich darf nicht aufhören, wenn ich angefangen habe.

Wieso nicht?

Weil es wichtig ist durchzuhalten, sich zu überwinden, sich an Vorhaben zu halten, diszipliniert zu sein, organisiert, zuverlässig.

Sonst?

Hier ist Pause. Es kommt nichts. Es ist wie ein riesengroßes Tabu an diesen Eigenschaften zu rütteln. Ich zäume das Pferd mal von der anderen Seite auf.

Ist es so wie sie zu sein hat?

Ja, natürlich.

Weil?

Es gibt kein ‚Weil‘. Alles andere ist undenkbar.

Was ist alles andere? Kannst du mal Beispiele geben?

Änderungen im Plan, die Erlaubnis sanft und freundlich zu sich zu sein, sich um sich kümmern, sich nach den Bedürfnissen richten, überhaupt Bedürfnisse haben, das ist alles undenkbar.

Was würde passieren, wenn sie das tun würde? Wenn sie sich nicht überwinden würde, wenn sie sich nicht an Pläne halten würde? Wenn sie sanft und freundlich zu sich wäre?

Ich sehe vor dem inneren Auge, wie Sanftheit und Freundlichkeit mit meinem Leben als Kind absolut inkompatibel war. Wenn ich aus dem Kind in meinem Bild ein sanftes und freundliches, spontanes, fröhliches und lebenslustiges mache, dann schrumpft es zusammen bis es weg ist. Das habe ich ein paar Mal versucht, es passiert immer wieder. Für dieses Kind war dort kein Platz.

Nur das leistungsfähige, disziplinierte, absolut kontrollierte Kind wurde am Leben gelassen, nur damit entging man ein wenig der Ablehnung, obwohl sie auch so ständig gegenwärtig war, denn gut genug war man nie. Und auch die anderen waren nie fröhlich, spontan oder sanft, sie waren alle nur in ihrer Leistungsbox damit beschäftigt ihre Ergebnisse zu vergleichen und sich über die anderen Versager, die weniger schlauen, die weniger schönen, die weniger wohlerzogenen, die weniger beherrschten lustig zu machen.

Schlau, makellos, schön, kontrolliert und immer zu Höchstleitungen aufgelegt, so war das Ideal, das ist anzustreben, und wenn du es nicht erreicht hast, dann ist das eine Schande, dann hast du dich nicht genug angestrengt, dann bist du einfach nur faul und lässt dein Potential brachliegen, dann versündigst du dich an der Natur, die dich so schön, so begabt und so überragend gemacht hat.

Die, die fanatisch und verbissen irgendeinem Ziel hinterherrannten und nur schlecht gelaunte böse Ärsche waren, die wurden bewundert und ehrfurchtsvoll ‚willensstark‘ genannt, das war überhaupt das höchste Kompliment.

Und die einzige Person, die freundlich war und nachgiebig, wurde nichtsnutzig und faul genannt. Das war übrigens die einzige Person in meiner sehr sehr großen Herkunftsfamilie die dick war, sie ist schon lange tot. Alle anderen waren/sind dünn. Außer mir.

Wenn ich diese Welt wieder aufleben lasse, kann ich die Verzweiflung und den Schmerz der Kleinen fühlen. Bisher konnte ich nur den unbedingten Willen wahrnehmen dem zu entsprechen, und den Schmerz der Verurteilung wenn es nicht geklappt hat. Aber jetzt fühle ich den Schmerz darüber in so einer Welt zu sein. So enge und anstrengende Soll-Vorgaben zu haben, und es gibt kein Entrinnen, keine Gnade.

Ich fühle dieses Kind, dass völlig davon abhängig ist zu entsprechen und sich anstrengt und anstrengt um alles Mögliche was nicht erwünscht ist zu verbannen. Und das ist viel. Denn es soll ruhig und wohlerzogen und sehr, sehr, sehr gut in der Schule sein und nur das gut finden was erlaubt ist und nichts aber auch nichts wollen was irgendjemand in der Familie schlecht oder unwürdig oder gefährlich findet. Wenn es so etwas will, dann ist es ein böses Kind, ein schlechtes Kind, ein kleiner Teufel, eine Natter am Busen der Familie. Das muss korrigiert werden, ausgetrieben werden, mit noch mehr Härte.

Und gegessen wird, wann, was und wie viel die Mutter bestimmt, wenn nötig vom Vater mit Gewalt in das Kind hineingestopft und der Mund zugehalten, damit es das nicht wieder herauswürgt. Die Oma hat da bessere Möglichkeiten, die droht mit dem schwarzen Mann, zur Not wird sogar ein Angestellter als solcher verkleidet, zwecks größerer Glaubwürdigkeit.

Und wenn alles nichts hilft um dieses so mangelhafte Produkt zu verbessern, dann müssen wir uns eben etwas Wirkungsvolleres ausdenken, gegen Schläge und Strafen ist sie ja schon immun, also müssen wir sie dort treffen wo es noch mehr wehtut, ist ja nur zu ihrem Besten, damit sie endlich so wird wie sie sein soll. Dafür ist jedes Mittel recht.

Und weil das alles nicht so fruchtet, keine Ahnung welches Ergebnis jemals recht gewesen wäre, ob das überhaupt existiert hätte, dann bin ich eben der Fluch der auf dem Vater lastet, das lästige Exkrement, das sein Leben zerstört hat, O-Ton, nicht erfunden. Das kann sich keiner ausdenken.

Oh mein Gott, das war so, da drin bin ich aufgewachsen, diese Menschen erzählen mir heute immer noch was ich alles falsch mache, und auch wenn sie im Außen kein Rolle mehr spielen sind sie innen voll aktiv.

Halten die Fahne hoch für militärische Disziplin und Härte und Leistungsbereitschaft. Und lassen mich schlecht fühlen, wenn ich nicht entspreche, immer noch, der absolute Wahnsinn. Verbannen alles Sanfte, Freundliche, Liebevolle mir selbst gegenüber, verspotten es.

Dabei haben sie nicht die allergeringste Ahnung. Sie leben selbst in der Hölle und geben sie eifrig weiter, das fühle ich jetzt, dass das alles der reinste Irrsinn ist.

Ich befinde mich auf Pfaden, die sie niemals betreten haben, von deren Existenz sie nichts erahnen. Sie können mir keinerlei Ratschläge oder Hilfen geben, die in irgendeiner Weise für mich von Bedeutung sind. Alles was sie wissen, ist wie man sich in der Leistungsbox durchschlägt. Wie man eine ganz ordentliche und brauchbare Marionette wird. Von einem Leben außerhalb des Marionettentheaters haben sie schlicht keine Ahnung.

Ich spüre wieder Wärme und Weite. Der Druck geht runter. Ich weiß gar nichts über den Weg den ich gehe, jeder Schritt ist neu und einzigartig, aber ich fühle nun, dass ich getrost den alten Kodex links liegen lassen kann, denn die, die das in mich hinein gebrannt haben, die wussten überhaupt nicht was sie taten.

Ich kann in jedem Moment neu entscheiden, und selbst wenn die alten Gebote auftauchen, ich bin ihnen nicht ausgeliefert, ich kann ihnen einfach nicht folgen. Niemand weiß wohin die Reise geht und was für mich der nächste Schritt ist, niemand.

Essdruck habe ich schon lange nicht mehr, meine innere Dicke konnte ihre Botschaft anbringen, und ich fange mit ein wenig Yoga an, und wenn ich nicht mehr mag, dann höre ich auf. Das geht jetzt, ich fühle mich frei.

Frau in der Grube

Ich bin wieder die Frau in der Grube.

Ich sitze dort fest weil jede Menge Steinbrocken den Ausgang versperren. Also mühe ich mich und mühe ich mich ab und schaffe Steine zur Seite und mir ein Ausgangsloch. Und gerade wenn ich denke, dass der Durchgang groß genug sei, und ich entkommen könnte, kommt irgendwer vorbei und schmeißt achtlos noch ein paar Steine hin. Und ich sitze wieder fest. Und ich fange von vorne an, und ich schaffe mir mühsam ein Loch und dann kommt wieder einer und schmeißt es wieder zu.

Ich mag nicht mehr, ich mag nicht mehr in dieser ganzen Scheiße sitzen, ich will mich nicht mehr so fühlen, ich will nicht mehr in dieser inneren Hölle leben.

Alles fühlen was ist, mit der äußersten Zwiebelschicht gehen, bei sich bleiben, sich begleiten, bla bla, bla blupp, das ist doch alles gequirlte Kacke, ich verstehe es eigentlich nicht. Ich habe keinen blassen Schimmer was sie alle damit meinen. Ich gebe mir so viel Mühe das richtig zu machen, aber in Wahrheit kapiere ich es nicht mal.

Auf was warte ich? Auf was arbeite ich hin? Existiert dieser Ausgang überhaupt und ist das Leben außerhalb der Grube überhaupt erstrebenswert?

Ich nehme kein Gramm ab. Das Gewicht spricht immer die Wahrheit. Keine Ahnung wieso, aber eines ist klar, ich halte mich selbst nicht aus. Ich will immer etwas tun, oder etwas tun müssen, was ich dann nicht tue, dass nenne ich dann Freiheit oder Entspannung. Und wenn ich etwas tun muss, also wirklich tun muss, dann nenne ich das Hölle. Unzumutbar. Was ist mit mir los?

Warum finde ich alles nur scheiße? Warum erscheint mir das einzig mögliche Leben ein Leben in dem ich nichts tun muss? Gar nichts.

Ich liege herum und lese Bücher und man kümmert sich um mich. Ich bekomme alles zu essen was ich will, alle stehen mir zur Verfügung wenn ich sie brauche und wenn nicht, stören sie mich nicht, und das aller-, aller-, allerwichtigste ist: es gibt keine Termine in der Zukunft.

Es gibt kein ja heute kannst du, aber morgen musst du dies, oder nächste Woche musst du jenes oder bis nächstes Jahr muss das getan sein. So etwas existiert dann nicht. Ich muss mich um rein gar nichts kümmern. Nie.

Ich muss über nichts nachdenken, nichts liefern, nichts leisten, nichts, nichts, nichts, nichts. Nicht jetzt und nicht in Zukunft. Niemals.

Ich liege nur herum in der Sonne, im Schatten oder springe in den Pool, aber auch das muss ich nicht. Ich kann auch einfach im Bett bleiben und gar nicht aufstehen.

Ja so ist es. Jetzt geht es mir besser.

Hula-Frau

Ich habe die Augen zugemacht weil ich ein wenig tiefer nach innen gehe wollte. Keine Ahnung wieso, aber ich sah ein warmes Licht sich von oben über mich ergießen. Kaum trifft das Licht auf meinen Körper, schon schält sich eine sehr schlanke Gestalt mich langen Haaren aus meinem Körper, stellt sich in den Lichtstrahl und saugt es begierig auf.

Ich staune, wer ist das? Von hinten könnte das ich sein, mit 16 oder so. Ich gehe näher hin. Sie bemerkt mich und dreht sich um. Oh mein Gott, dass bin ich, aber nicht mit 16 sondern jetzt oder in der Zukunft, ich sehe die Altersspuren in ihrem Gesicht, Falten und leicht verwelkte Haut, auch die Hände und der Bauch, alles ist schon älter, so wie ich in ein paar Jahren oder wenn ich dünn wäre.

Ich bin total berührt von diesem Anblick, mir kommen die Tränen, wenn ich sie ansehe spüre ich meine Energie in ihrer reinsten Form. Sie ist so präsent und ruhig und gleichzeitig strahlt sie ein unglaubliche Kraft aus.

Aber sie ist so wahnsinnig dünn, so wie ich mit 16, 17, aber eben dem Altern angepasst, nicht mehr straff und glatt. Sei ist so hulamäßig angezogen, mit einem langen Hüftrock aus Stofffetzen und einem BH. Sie muss offensichtlich die faltige Haut nicht verstecken. Aber genau das macht es so unglaublich schön. Ich muss dabei die ganze Zeit weinen, ich weiß überhaupt nicht wieso, aber vielleicht muss ich das auch gar nicht wissen.

Du bist so sehr dünn, gehörst du so?

Ja, sonst sähe ich doch anders aus.

Und ich? Wieso bin ich dann so dick?

Weil du noch so viel Gepäck hast, das dich belastet, das habe ich nicht.

Kann ich denn jemals so sein wie du?

Witzig, du bist doch schon ich, ich bin du. Das Gepäck, die Altlasten verhüllen es nur, aber ich bin sowieso immer da, du musst mich nur sehen. Und mich lassen.

Und das Gewicht?

Das Gewicht, das Gewicht, das belastet dich sehr oder? Mich auch, das kannst du mir glauben. Ist jetzt nicht mein Wunschszenario mich hinter all dem Fett zu verstecken. Je mehr ich sein darf, desto mehr wird das Fett gehen. Ich kann dir aber nicht sagen wie lange das dauert und ob es überhaupt jemals passiert.

Heißt das, du durftest bisher überhaupt nicht sein?

Sehr wenig, in letzter Zeit etwas mehr, das hat ja gereicht, dass nicht noch mehr Gewicht draufgepackt wird.

Aber ich verstehe immer noch nicht was du mit ’sein lassen‘ meinst. Was brauchst du um zu sein?

Verstehen, genau, der Kopf gibt keine Ruhe, oder? Will mal wieder einen Masterplan. Aber es gibt keinen, gab nie einen und wird nie einen geben. Aber ich kann dir sagen was ich brauche: Aufmerksamkeit, bei mir sein. Das ist meine Nahrung. Aber das weißt du doch alles schon lange. Wissen reicht nun mal nicht. Erfahre es, bleibt bei mir, dann werden wir uns gemeinsam überraschen lassen, denn ich weiß auch nicht was dann passiert. Nur dass es gut ist, das weiß ich.

Jetzt habe ich Essdruck. Was will ich nicht fühlen?

Die Enttäuschung darüber dass ich wieder kein Wundermittel serviert bekomme, so nach dem Motto, drei Mal nach links verneigen und 20 Minuten atmen oder so, und in drei Monaten wiege ich garantiert 20 Kilo weniger.

‚Du hast doch ein Wundermittel‘, sagt die Hula-Frau, ‚mich. Nur weil dein Verstand einen Plan will, heißt noch lange nicht, dass ein Plan hilfreich ist. Ich habe dir doch gesagt was du wissen musst.‘

Ok, verstanden. Wenn ich reinfühle spüre ich die Hula-Frau in mir. Ich experimentiere ein wenig und finde heraus, wenn ich mit der Aufmerksamkeit bei mir bin, dann wächst sie und nimmt Raum ein, entfaltet sich, wird so groß wie ich und ihre Energie ist ganz stark spürbar, wenn ich mit der Aufmerksamkeit weg bin, rollt sie sich ganz klein zusammen. Das bleibt spannend.

Dem Leben vertrauen

Vorhin hatte ich mein Brot schon fertig, den Kaffee aber noch nicht. Ich erwischte mich dabei, wie ich schon mal ins Brot biss, während ich vor der Kaffeemaschine stand.

Diesmal konnte ich stoppen. Diese Ungeduld und diese Gier sein lassen ohne ihr zu folgen, ohne mich von ihr steuern zu lassen. Ich habe sie gefühlt, bin mit ihr geblieben, innerhalb kürzester Zeit war sie durch mich hindurchgegangen und ich konnte in Ruhe warten bis alles fertig war.

In den letzten Tagen habe ich das immer wieder erfahren. Ob es um Unwillen geht die Wäsche zu machen, ob es um Druck geht weil noch so viel zu tun ist, oder eben Gier oder auch nicht mit dem Essen aufhören wollen.

Diese Programme starten automatisch, wenn ich darauf warte bis sie nicht mehr starten, wenn das die Voraussetzung ist für Entwicklung, dann wird das möglicherweise nie der Fall sein. Egal wie viel ich hinterfrage und erforsche, wenn ich ihnen immer weiter folge, nur weil sie da sind, dann gibt es keine Entwicklung. Die Fähigkeit nicht zu folgen steigt mit jedem Mal, das ich nicht gefolgt bin, in all den Jahren des ständigen Hinterfragens, ist der Drang kein Stück weniger geworden. Es reicht einfach nicht im Kopf zu bleiben, auch wenn es sehr verlockend ist.

Ich hatte das viele Jahre falsch verstanden, ich dachte, wenn ich brav hinterfrage und Übungen mache, dann kommt der Drang irgendwann nicht mehr. Genau das stimmt nicht. Ein Muster lässt sich nur schwächen, wenn man lernt den Abstand zwischen Reiz und automatischer Reaktion zu vergrößern bis man die Reaktion weglassen kann, und das ist ein willentlicher Akt, nichts was einfach passiert, es ist eine Entscheidung, mal wieder, oder immer noch.

Und alles was man braucht um diesen Abstand zu vergrößern ist das Fühlen. Das Fühlen dessen was ist, sich beistehen und begleiten, durch jede Erfahrung, denn jede Erfahrung ist gültig, weil sie ist.

Und ja, ich erlebe es immer öfter, weil es mir immer öfter einfällt. Es wird ein Stück weit selbstverständlich. Egal wie es mir geht, ich brauche nicht weglaufen, ich muss es nicht wegdrücken oder betäuben, ich kann und darf es einfach fühlen, ich darf mir beistehen und mit mir verbunden bleiben, ich kann mein Herz offen halten für alles was ist.

Denn alle Emotionen, egal wie unerwünscht oder unangenehm, sind das was notwendig ist. Sind mein Seelenfutter vom Universum geschickt, weil es das ist was ich genau in diesem Augenblick brauche. Nur damit entwickelt es sich weiter in die Richtung in die es sich entwickeln soll und die ich nicht kenne, die ich nicht kennen kann, als Mensch mit meinen begrenzten Fähigkeiten.

Und dem kann ich Vertrauen, auch wenn mein Verstand protestiert, weil er es nicht versteht. Aber so etwas wie ein Verstand kann es gar nicht verstehen, weil er immer ordnen und sortieren muss und eine Logik aufbauen will. Aber das Leben ist weder ordentlich, noch gut sortiert noch logisch. Es ist nur Leben.

Und weil ich jedes Mal wenn ich zu mir zurückkehre und mich dem Leben anvertraue ohne zu wissen was dabei rauskommt mich so berührt und beschützt und wohl und zuhause fühle, selbst im unangenehmsten Gefühl, weil das so ist, weil ich diese Erfahrung gemacht habe, nicht nur einmal, sondern viele, viele Male, kann ich langsam dem Leben ein wenig mehr vertrauen. Und ich weiß, mit jeder Erfahrung wird es noch stärker werden dieses Vertrauen.

Ich freue mich darauf.

Nichts Besonderes

Heute in der Therapie haben wir mit meinem grundsätzlichen Gefühl des Makels gearbeitet. Ich bin mit einem Makel geboren. Ein Stigma, das jeder sehen kann.

Diesen Satz auszusprechen löste eine körperliche Erleichterung, Entlastung und Entladung aus. Nach einer Weile des Nachspürens, kam der Gedanke, dass, wenn ich mit einem Makel geboren bin, alle anderen auch mit einem Makel geboren sein müssen, denn an mir ist nichts besonders.

Und das war dann der noch schönere Satz: ‚Ich bin nichts Besonderes.‘ Was für eine Erleichterung, wie Balsam über meine angespannte Seele, ich darf normal sein, nichts besonderes tun, nicht besonders aussehen, nichts besonderes leisten. Ich bin so wie alle. Ich darf so wie alle sein.

Wenn ich mir das ins Bewusstsein hole, kommen mir jedes Mal noch die Tränen vor Erleichterung. Mit diesem Satz soll ich als Hausaufgabe die nächsten Wochen meditieren.

Ich fühle mich dann auf einer tiefen Ebene mit jedem verbunden, ich gehöre dazu, ich bin genau so wie meine Schwiegermutter, die Mütter vor der Schule, irgendwelche dicken, schmuddeligen, rauchenden Frauen mit fettigen Haaren, Männer jeglicher Art, es ist faszinierend, egal welchen Menschen ich mir vor Augen hole, und werde er von mir noch so gemieden oder verurteilt, in diesem Bewusstsein fühle ich zu jedem eine Verbindung, ich fühle eine Ebene auf der ich genau so bin, auf der wir alle sind.

Dieser Satz kam aus mir, den hat mir meine Seele vorgegeben, er war mir schon vorher in verschiedenen Konzepten begegnet, aber wenn es nicht von innen kommt, dann ist es nicht an der Zeit oder nicht das Richtige. Und er ist absolut liebevoll, eine ganz weiche warme Energie, meint nichts Abwertendes, dass ich nicht zähle oder Ähnliches, im Gegenteil, dass ich genau so zähle wie jeder, dass jeder zählt. Sehr faszinierend.

Der Melodie lauschen

Ich esse aus dem Topf im Vorbeigehen. Obwohl ich Hunger habe und mir etwas Schönes zum Essen machen könnte. Aber dazu bin ich zu unruhig. Verschiedene Schwierigkeiten des Alltags versetzen mich sofort in meine altbekannte innere Panik.

Mein Brustkorb explodiert gleich, Kiefer und Magen total angespannt. Ich bleibe dabei und lausche, das was ich empfange, das ist meine heutige Melodie, die ich nicht haben will und mit Essen wegdrücken will.

Der Essdruck ist weg, allein weil ich mit meiner Aufmerksamkeit im Körper geblieben bin, der Melodie gelauscht habe, ohne sie verändern zu wollen. Die Unruhe ist noch da, aber der Teil der nur dazu da ist um sie wegzudrücken, der Essdruck, der ist weg, weil er keine Funktion mehr hat. Wenn ich die Unruhe wahrnehme und bei ihr bleibe, dann braucht es nichts mehr um sie wegzumachen.

Dieses kalte Essen aus dem Topf ist überhaupt nicht das was summt, mir wird klar, wie sehr ich meinem Körper in solchen Momenten Gewalt antue, ich quäle ihn und meine es zu brauchen.

Mein dünner Körper in mir ist nur schwach spürbar, der Krampf und die Spannung drücken ihn zusammen.

Tränen, es ist schwer, ich habe Mitgefühl mir mir, mit dem wie es ist. Wenn etwas erledigt werden muss, dann setzt mich das unter einem enormen Druck, es muss sofort geschehen, auf der Stelle, ansonsten kommt die Spannung und Unruhe. Und das sind keine großen Dinge, eine Veranstaltung organisieren, ein paar Verträge ändern.

Was ist los? Warum muss das sofort geschehen?

Ich kann es nicht aushalten, dass ich es noch machen muss. Wenn es gemacht ist, bin ich es los.

Und was ist schlimm daran?

Es kommt keine Antwort. Ich halte diese Frage in mir und spüre was im Körper dabei passiert. Aufruhr, noch mehr Spannung, würgen, zittern, zucken, das ganze Programm. Aber keine weitere Information. Ich halte einfach diese Spannung in meinen Armen, sie ist schon ganz lang bei mir, ich spüre es ist ein Mangel an Vertrauen, ich kann keinen Fleck unkontrolliert lassen. Das ist der Ursprung.

Ein Meer von Tränen fließt aus mir raus, wenn ich die Augen öffne und mich mit der Realität verbinde, wird die Trauer noch intensiver, bedeutsamer, tiefer, aber auch glücklicher, zufriedener, es ist als würde es der Trauer gefallen ins Jetzt geholt zu werden, aus ihrer Verbannung in der Dunkelheit geholt zu werden.

Es erfüllt mich mit Freude und Zufriedenheit tief bei diesem Gefühl zu bleiben, meiner Melodie zu lauschen und gleichzeitig hier zu sein, die Augen offen zu haben. Ich wollte sowieso viel mehr mit offenen Augen arbeiten, damit ich das wirklich jederzeit machen kann, aber nun zeigt sich, dass es eine ganz neue Qualität mit sich bringt, eine Qualität des gesehen Werdens, die bisher nicht da war.

Die Spaltung aufheben

Ich bin heute nicht in Yoga gegangen. Zum einen, weil es in diesem Jahr recht doof kollidiert mit dem Stundenplan meiner Kinder, aber hauptsächlich weil ich mich getraut habe meinem Gefühl zu folgen, gegen all die Stimmen, die mir sagen, dass alles zugrunde geht, wenn ich anfange feste Stunden zu schwänzen.

Aber dieser Kurs ist nicht mehr ganz das Richtige für mich, das spüre ich seit einiger Zeit. Ich möchte so üben, wie es mir gut tut, und nicht etwas machen müssen. Das hat einfach keinen Wert mehr. Erst habe ich nach anderen Kursen gesucht, bis mir aufgefallen ist, dass das nichts ändert. Auch dort werde ich einem Programm folgen müssen. Manchmal ist das gut, aber eben nur manchmal.

Ich kann der Erkenntnis nicht mehr ausweichen, ich muss die Verantwortung übernehmen. Seit Tagen habe ich immer wieder den Gedanken, dass ich viel eigenverantwortlicher mir dem Körper umgehen muss. Die Zeit ist vorbei, als ich noch eine Abhängigkeit von festen Stunden oder auch festen Übungsabfolgen gebraucht habe.

So wie es darum geht, den Alltag zu einer Art Dauermeditation und ständigen inneren Arbeit zu machen, sich unabhängig zu machen von Gruppen oder Lehrer (habe Michael Browns neue Website gefunden, da gibt es jede Menge kostenloses Material) so geht es auch darum, den Alltag für ein kontinuierliches Trainingsprogramm zu nutzen.

Es geht darum die Spaltung aufzuheben. Die Spaltung zwischen ‚jetzt ist Zeit für die innere Arbeit oder Mediation‘ und ‚dann kommt der Rest des Tages, der Alltag‘. Oder ‚jetzt ist Zeit den Körper zu bewegen und zu trainieren‘ und ‚dann kommt der Rest des Tages, der Alltag‘. Oder auch ‚jetzt ist Zeit zu entspannen und zu genießen‘ und ‚dann kommt der Rest des Tages, der Alltag‘.

Wenn der Alltag also immer von Allem getrennt ist was mir Freude macht und mich nährt, dann ist es kein Wunder, dass ich im Alltag leide, und esse.

Es geht um das sowohl als auch, im Gegensatz zu entweder oder. Und um Integration aller Anteile.

Ich kann, wenn mir danach ist, eine Trainingsstunde besuchen, aber ich kann das bewusste Bewegen meines Körpers auch einfach in den Alltag einbauen, indem ich z. Bsp. mein Wäschewaschen mich nicht einfach irgendwie bücke, sondern kontrolliert. Indem ich zwischendurch ein paar Übungen mache als Abwechslung. Ich kann mich hinsetzen zur inneren Arbeit, aber ich kann auch während ich den Haushalt mache mich dabei innerlich begleiten. Alles geht, wenn man es nicht zu ernst nimmt sondern sich erlaubt damit zu spielen.

Ich muss mich nicht verlassen oder auf das verzichten was mich nährt, nur weil ich eine bestimmte Aufgabe erledigen muss. Genau das hat mir mein altes Paradigma aber vorgegeben. Entweder ganz oder gar nicht. Unter diesem grausamen Diktat leide ich schon lange.

Aber nun beginnt etwas aufzuweichen, feste Mauern werden eingerissen, ich fühle, dass es nun in diese Richtung geht, das ist der nächste Schritt, ich fühle dabei Weite, Offenheit, Freude, Wärme.

Sehnsucht

Ich schwinde mal wieder.

Schon den ganzen Tag ein Unwohlsein, habe mich aber entschieden es nicht weiter zu beachten und stattdessen Punkte abzuarbeiten und zu essen. Das habe ich nicht bewusst entschieden, aber wenn ich nicht bewusst entscheide, entscheidet es für mich, das automatische Programm.

Doch als ich beim Küche Aufräumen buchstäblich drohte wegzusinken, weil ich spüren konnte, wie mich die Lebenskräfte verlassen, und zum dritten Mal in die Chipstüte griff obwohl ich Chips gar nicht mag, da war der Moment gekommen für ein wenig Entscheidung.

Ok, was ist los?

Ich fühle mich, als würde mich die Welt von alles Seiten zusammendrücken, sie hält mich fest und drückt mich zusammen, sie belastet mich, ich spüre diesen Druck körperlich. Gleichzeitig spüre ich eine Fluchtbewegung, ein Teil will weg von hier, will nach unten verschwinden, sich vom Acker machen.

Ich bleibe einfach bei diesen Empfindungen, kann eh nichts tun. Es fröstelt mich, es schüttelt mich, es zuckt.

Jede Erfahrung ist gültig, fällt mir Michael Brown ein, es ist genau die Erfahrung, die jetzt notwendig ist um blockierte Emotionen zu integrieren.

Ich stelle die Frage, ob ich mich zu einen früheren Zeitpunkt schon so gefühlt habe. Es kommen Bilder, von Studienzeiten, von Schulzeiten, vom Auswandern. Ich stelle immer wieder die Frage nach einen noch früheren Zeitpunkt.

Ich sehe mich als ganz kleines Baby schon dem Druck ausgesetzt und auf der Suche nach einem Fluchtweg. Es ist wie eine Geburtsprägung, das ist mein Lebensmodus, ich sage mal optimistisch: war es bisher.

Ich bleibe einfach dabei und bin mit mir und den Gefühlen, ich halte mich dabei während sei durch mich hindurchziehen. Auch während ich meine Tochter von der Schule abhole, zittern, frieren, zucken, würgen, alles dabei. Es wird immer schlimmer, und dazu kommt noch eine bleierne Müdigkeit, als würde ich jeden Moment wegdriften, als wäre hierbleiben einfach zu schwer.

Ich konnte nicht mehr, ich habe mich hingelegt und bin sofort eingeschlafen. Habe eine Stunde geschlafen. Jetzt fühle ich mich völlig erschlagen.

Es baut sich alles wieder auf, ich fühle mich wie ein Vulkan kurz vorm Implodieren. Gleich falle ich in mich zusammen und bin weg.

Ich hänge, irgendetwas will ich nicht wahrhaben. Ich lausche. Da höre ich es:

‚Ich will endlich dünn sein, endlich wieder schön sein, ich will mit gut fühlen, mich stark fühlen, mich wohl fühlen, keine Angst haben‘

Oh ja, ich höre dich, und jetzt verstehe ich auch, dich wollte ich ja gar nicht haben, du bist quasi verboten. Wieso eigentlich?

Das nützt doch nichts, sich nach etwas zu sehnen, was nicht ist.

Nützt nichts inwiefern?

Macht sie nur unglücklich weil es nicht so ist.

Oh. Soweit ich das hier sehe, war sie nicht unglücklich weil sie sich nach etwas sehnt, das nicht ist, sondern weil sie das Sehnen unterdrücken musste.

Sich etwas wünschen was nicht ist, darf nicht sein.

Wie kommst du denn auf so etwas?

Na ja, man soll doch annehmen was ist.

Ach so, daher weht der Wind. Das hast du ein wenig missverstanden. Was ist, ist. Und das Sehnen IST auch. Wenn das nicht sein darf, dann verleugnet sie ja auch was ist. Alles was ist, ist, und weil es ist, ist es richtig, sonst wäre es nicht. Also auch das Sehnen.

Der Druck ist raus, ich fühle mich weicher und wärmer, ein wenig traurig, weil ich nicht dünn bin, aber das darf eben auch sein. Bin wieder verbunden, was für ein Unterschied, immer wieder verblüffend. Vorher war ich kurz vor dem Nervenzusammenbruch und jetzt fühle ich mich wohlig warm und nichts aber auch gar nichts im Außen ist anders.