Ich seh was was du nicht siehst

Zur Zeit vier Tage Seminar. Ziemlich anstrengend, zu anstrengend, zumal es mir körperlich nicht gut geht.

Es gibt eine Diskrepanz zwischen meiner Wahrnehmung und der Wahrnehmung der anderen. Ich fühle mich träge, schwerfällig, wie ein schwerer Kloß, ohne Kraft und Energie.

Und ich bekomme Rückmeldungen ich sei so hochenergetisch, schnell, zu energetisch, zu schnell. Das verwirrt mich auf eine unangenehme Art. Ich kann es nicht verstehen, nicht einordnen.

Darf das sein, dass du das nicht einordnen kannst? Dass du das vielleicht erst noch ein wenig beobachten musst, erforschen musst, damit experimentieren musst?

Das darf schon sein, aber trotzdem fühle ich mich so uneinschätzbar. Ich kann mich selbst nicht einschätzen, meine Wirkung auf andere nicht einschätzen, das macht mir Angst. Ich denke es ist so und so, und dabei ist es völlig anders, das katapultiert mich in den luftleeren Raum.

Was ist dort?

Totale Unsicherheit. Ich bin eine unberechenbare Zeitbombe. Jederzeit könnte ich etwas Schreckliches tun und es selbst nicht merken.

Ist denn die Diskrepanz in der Wahrnehmung automatisch damit verbunden, dass du etwas Schreckliches tust? Könntest du nicht auch etwas Gutes tun?

Vielleicht, aber das würde ich auch nicht merken.

Hm. Kennst du das irgendwoher?

Ja, ich kenne das, als ich nach Deutschland kam, war es genauso, die alten Regeln und Verhaltensweisen galten nicht mehr, ich war irgendwie für die anderen unverständlich, ich wusste nie welche Reaktion mein nächstes Wort und meine nächste Handlung auslösen würde. Es war ein Minenfeld. Ich wurde plötzlich ausgelacht und verstand nicht wieso, die Leute wurden sauer und ich verstand nicht wieso. Ich traute mich nichts mehr, ich überlegte ewig ob ich wirklich etwas sagen soll. Es war furchtbar.

Ja, das war furchtbar. Damals gab es niemanden der dir dabei zur Seite gestanden wäre. Es gab keinen Erwachsenen, der dir die Welt hätte erklären können, es gab keinen Erwachsenen, der dich getröstet hätte oder dir beigestanden hätte.

Ja das stimmt. Heute kann ich mich in meiner Verwirrung begleiten, heute bin ich Gott sei Dank erwachsen.

Es fühlt sich besser an, es hilft zu wissen was es triggert, auch wenn es an der Sache an sich, dass diese Diskrepanz besteht, nichts ändert. Ich kann es nun annehmen.

2 Gedanken zu „Ich seh was was du nicht siehst

  1. Liebe C.!

    Diese Diskrepanz zwischen dem wie du dich fühlst und dem, was andere an dir wahrnehmen, kann ich gut verstehen.

    Erst heute ist mir erst wieder etwas ähnliches passiert. Ich habe einen alten Bekannten getroffen und mich gefreut ihn zu sehen. Er meinte, ich sehe gut aus. Dabei fühle ich mich in mir drin ganz elend. Ich kann mir git vorstellen, dass es die Freude ihn zu sehen war, die er wahrgenommen (in mir gesehen) hat.

    Ich glaube unabhängig davon, dass Menschen ganz oft auch nur das im anderen sehen, was sie sehen möchten. Und/oder auch oft von sich auf andere schließen.

    Kann es aber auch sein, dass dir das Seminar – trotz körperlichen Unwohlsein – Spaß macht? Es dir etwas gibt? Also tatsächlich deine Energie irgendwie auflädt, nur du es im Moment noch nicht erkennen kannst?

    Ich grüße dich ganz herzlich!
    Christine

    • Ja, da ist sicher etwas dran. In einem solchen Setting bin ich von allen anderen Pflichten befreit, das setzt Energien frei, die ich sonst nicht mehr zur Verfügung habe.

      Danke Dir für diesen Hinweis. Liebe Grüße

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