Kann es ok sein, so wie es ist?

Sitze in einem Haufen Büroarbeit und habe so was von keine Lust. Ich wollte morgens schon gar nicht aufstehen. Das will ich eigentlich nie. Oder fast nie. Es mag den einen oder anderen Tag geben, der ein Versprechen in sich trägt, aber ich kann mich gerade an kein konkretes Beispiel erinnern.

Warum soll ich aufstehen? Um mich durch meinen Tag zu quälen. Und nun verschärft. Wenn ich mir nur was zu trinken holen will ist das nur nervig.

Ich bin voller Wut. Sie wird von Tag zu Tag größer. Es führt kein Weg daran vorbei da einzutauchen.

Kaum gehe ich rein, schon kommen die Tränen. Tränen, die ich in letzter Zeit viele Male am Tag weine. Aber weiter komme ich nicht. Ich komme nicht an das ran was dahinter ist. Ich stelle mir den Wecker auf 10 Minuten und schreibe alles auf was kommt.

Ich schwinde nach unten, es ist alles schwer, zu schwer, immer nur schwer.

Ich bin so allein, so unglaublich allein, niemand versteht mich, niemand. Niemand sieht die Mühe, die ich mir jeden Tag mache um allein das Bett zu verlassen, niemand sieht wie viel Aufmerksamkeit ich brauche um irgendetwas zu tun, wo ein Teil von mir, mit all dem nichts zu tun haben will, gar nicht da sein will, dem Leben nichts abgewinnen kann.

Nein, im Gegenteil meine Tränen und meine offen gezeigten Schwierigkeiten verunsichern nur, als dürfe das nicht da sein.

Ich muss manchmal glauben dass ich total kaputt bin, so kaputt, dass es irreparabel ist.

Ich kämpfe jeden Tag um mein Leben. Ich kämpfe darum irgendetwas darin zu entdecken, was es lebenswert macht.

Ok, eine Menge Kampf. Also gut, zeige dich, wenn du magst, sprich mit mir. Du kannst alles sagen. Ich bin bereit es zu hören.

Ich finde alles einfach sinnlos.

Wie müsste es denn sein, damit es einen Sinn hat?

Es müsste sich gut anfühlen, ich müsste mich freuen.

Gibt es denn irgendetwas, was sich jetzt für dich gut anfühlt?

Nein. Ich finde nichts.

Und musst du denn etwas finden? Kann es nicht einfach so bleiben?

Ähm..

Was wäre wenn es ok wäre so? Wenn es ok wäre nicht zu wissen was sich gut anfühlt?

Dann wäre ich ja ok. Dann wäre nichts verkehrt oder falsch oder ungenügend an mir. Dann wäre ich nur jemand der nicht weiß was sich für ihn gut anfühlt.

Es ist erlaubt. Alles was ist ist erlaubt, vom Leben genehmigt, als gültig befunden, sonst wäre es nicht.

Ach, es ist schön, ich sitze hier in der Stille meines Nichtwissens und höre auf zu suchen. Sage damit, es ist ok, so wie es mir gerade geht, so wie ich gerade bin ist in Ordnung, völlig gültig.

Ich will nichts von mir, gar nichts. Das ist ein Geschenk, das mir bisher fast nie jemand gemacht hat. Nichts von mir zu wollen.

Ich spüre wie ich immer tiefer in den Körper hinabsinke, eintauche, mich niederlasse. Wenn ich nichts von mir will, ist das Dasein gar nicht gefährlich.

Ich spüre, dass es das ist, was meine Kinder auch brauchen, dass ich nichts von ihnen will, und mein Mann und eigentlich absolut jeder. Wenn ich mir vorstelle von niemandem etwas zu wollen, diese Haltung im Herzen einzunehmen, dann wird alles so leicht, kampffrei, weil es dann gar nichts gibt worum man kämpfen müsste.

Ich habe ein Weilchen gewartet und probiert, bis ich eine Frage gefunden habe, die mich persönlich gut mit diesem Zustand verbindet.

‚Kann es auch einfach ok sein, so wie es gerade ist?‘ diese Frage erzeugt bei mir die stärkste Resonanz. Erinnert mich sofort worum es geht, dass das Leben alles schon genehmigt hat, sonst wäre es nicht da.

Ich bin wo ich bin

Heute werde ich besonders stark gegängelt. ‚Finde nun endlich den Sinn deines Lebens, finde heraus was dich glücklich macht, das muss doch endlich mal klappen, was ist nur mit dir los!‘

Es hat ganz harmlos angefangen, ich habe ein paar Übungen gemacht, hatte ein paar Ideen, dann waren die doch nicht so gut, die Unsicherheit kam dazu, der Druck. Was will durch mich in die Welt kommen? Was habe ich zu geben? Was sind meine Talente?

Ich habe keine Antwort auf diese Fragen. Die Ungeduld steigt: ‚Jetzt sollte es mal endlich vorbei sein mit dem Gejammer und Geheule und Nichtwissen, es kann doch nicht sein, dass du gar nichts weißt, das glaube ich nicht.‘

Ich merkte, dass ich mich immer schlechter fühlte, der Druck zunahm, und beschloss dem nachzugehen anstatt weiter nach meiner Bestimmung zu suchen. Denn offenbar will sich mir die nicht offenbaren.

Das hat schon mal richtig gut getan, aufzuschreiben was mich unter Druck setzt, bei Licht betrachtet verlieren die Dämonen ihren Schrecken, wenigstens ein Gesetz des Universums auf das man sich verlassen kann.

Was würde jemand tun, der sich selbst liebt?

Aufhören irgendwo sein zu wollen wo er nicht ist. Dem was ist erlauben da zu sein. Jaaa, sofort geht der Druck runter.

Ich darf es nicht wissen, ich darf es sogar immer noch nicht wissen, juhuu, ich darf einfach keinen blassen Schimmer haben. Denn es ist einfach so. Das liebevollste was ich für mich tun kann, ist mir zu erlauben dort zu sein wo ich gerade bin.

Sofort spüre ich Wärme und Freude und Weite, immer wieder erstaunlich, wie Magie. Da will ich und will ich und will ich mich verändern, damit es mir besser geht und alles was ich bekomme, ist dass es mir noch schlechter geht, und kaum erlaube ich mir genau dort zu sein wo ich bin, kommt das Wohlgefühl. Ich weine vor Erleichterung, weil es so schön ist, die Tränen hören gar nicht auf, es berührt mich so.

Jetzt erst kann ich den Fokus wieder darauf richten mir etwas Gutes zu tun und gehe in die Badewanne.

Was macht mir denn Spaß, was mache ich denn einfach? Lesen, Handarbeiten, Sport, Kochen, Farben zusammenstellen, also alles was mit Farben zu tun hat, ich liebe Farben.

Das reicht. Alles was ich aufgezählt habe resoniert. Mehr auch nicht. Es gibt noch einiges was ich gerne mache, aber eben nur manchmal, unter bestimmten Bedingungen. Aber das was da steht sind meine Grundinteressen. Mehr muss ich heute nicht wissen.

Wie innen, so außen

Der erste Schock ist vorüber, jetzt kommt der Alltag.

Die ersten Tage fiel es mit noch leicht Mitgefühl mit mir zu haben, das wird nun zunehmend schwerer.

Ich empfinde zunehmend Groll, Groll, dass jeder trotzdem alles so liegen lässt wie immer, Groll, dass keiner Hier! schreit um mir zu helfen, sondern jedes Mal extra gefragt und teilweise genötigt werden muss. Groll, dass es hier unterirdisch aussieht und ich machtlos bin und praktisch nichts dagegen tun kann.

Vorhin versuchte ich gerade mitten in der explodierten Küche Frühstück für mich zu machen, irgendwie zwischen Bergen von Geschirr und herunterfallenden Krücken, da überkam mich wieder die Wut, ich stelle die Frage, was würde jemand tun, der sich selbst liebt, und da explodierte es:

‚So eine verdammte Scheiße, aber ich liebe mich nicht, was soll das sein, ich hasse mich, ich hasse mein Leben, ich hasse alles, ich sitze im Dreck und bin machtlos ausgeliefert‘

Das hat gut getan, so ist es, so einen Teil gibt es, und was mir klar geworden ist, nun mit Krücken ist das eher wahr, dass ich nicht viel tun kann, aber dieses Gefühl ist viel älter, es ist immer da, auch wenn ich keine Krücken habe.

Überhaupt ist alles schon da. Die Mühe, die Schwere, die Langsamkeit, die Machtlosigkeit. Es ist, als hätte das Universum mit diesem Unfall meine äußeren Umstände an meine inneren Umstände angepasst.

Was soll ich daraus lernen? Ich soll die Wahrheit zugeben. Ich soll aufhören mir vorzumachen mir würde es besser gehen. Oder besser gesagt, aufhören zu glauben es sollte mir besser gehen. Ja, das ist es. Ich soll den Widerstand sehen, sozusagen in 4D erleben, da ich ihn als reinen inneren Zustand noch wegdrücken konnte. Ich habe noch nicht akzeptiert wie es mir geht, und nun wird das Gefühl verstärkt.

Okay, ich habe es verstanden, die Mühe, die Schwere, die Langsamkeit, die Machtlosigkeit, die sind da, das ist der Jetzt-Punkt, dieses ‚es sollte anders sein‘ ist der Widerstand gegen das Jetzt.

Was zeigt mir das über das was ich will? Ich will innerlich wie äußerlich in Ordnung kommen, in meine eigene Ordnung, in die göttliche Ordnung, in meine Kraft. Ich will Klarheit und Kraft und Ordnung innerlich wie äußerlich.

Ich schicke diesen Wunsch durch mein Herz und es resoniert, es resoniert sehr stark. Das will ich, ich will in die Ordnung kommen, ich will das Chaos in mir aufräumen.

Gut, und nun die schwerste Frage: Was kann ich sofort tun, um mich in diese Richtung zu bewegen?

Mir Langsamkeit erlauben, alles ganz langsam angehen, sonst verliere ich den Überblick. Der erste Schritt ist eine Bestandsaufnahme. Alles muss erst angeschaut werden, damit es den richtigen Platz bekommt. Und das geht nur eines nach dem anderen. Langsam. Nichts rennt mir davon.

Der Druck, den ich mir immer mache, es muss sofort geschehen und schneller und mehr und noch mehr, ist ein wichtiges Instrument der Selbstsabotage. Diesen Ansprüchen kann ich auf die Dauer nicht gerecht werden, also gebe ich entnervt auf. Die Erwartung, dass es schnell gehen soll, ist nichts was mir hilft, es ist etwas das mir schadet. Und daher entscheide ich mich, ihr nicht mehr zu folgen.
Was würde jemand tun, der sich selbst liebt? Es gaaanz langsam und sanft angehen, so langsam und sanft, dass es angenehm und nährend bleibt.

‚Ich darf alles ganz in Ruhe machen‘, das ist mein neues Mantra. Hach, wie schön, Balsam für meine Seele.

Ätsch

Das Leben ist unbestechlich.

Gestern bin ich umgeknickt, wieder mal, diesmal aber recht schwer, das wird eine Weile dauern bis der Fuß wieder voll funktionsfähig ist.

Seitdem bin ich nur am Weinen. Es ist so gemein, dass es gerade jetzt passiert, am Anfang der Ferien, auf die ich mich so gefreut habe, weil endlich kein Programm, und gerade nachdem ich festgestellt hatte wie unfit ich bin und ganz neue Fitnesspläne geschmiedet hatte.

Warum, warum, warum? Und während ich weine und weine und mir diese Frage stelle, fällt mir ein mich zu fragen, was denn daran so schlimm für mich ist?

Die Antwort: Dass ich nun noch länger dick bleibe, weil ich eine ganze Weile nichts tun kann, um mein Abnehmen voranzutreiben, dass nun all die Dinge, die ins Bild der guten Mutter passen, wie mit den Kindern was zu unternehmen nun bis auf Weiteres nicht mehr gehen, dass ich nun wieder so fehlerhaft und ungenügend bleibe wie ich schon die ganze Zeit bin und mir die Möglichkeit genommen worden ist mich zu verbessern, mich endlich besser und genügend zu machen.

Das saß. So sieht es aus. Das ist die Wahrheit. Nichts mit Annehmen und so weiter. Tief drinnen hat sich das alte Bild festgefressen, und wirkt im Verborgenen. Ich hatte das gar nicht gemerkt, sah mich schon über dem Berg. Ha, ha, ha, ätsch, lacht sich das Leben ins Fäustchen, falsch gedacht.

Wozu ist das alles gut? Damit du sehen kannst wo du stehst, damit sich dein Äußeres an dein Inneres anpasst. Verwundet, innen wie außen.

Diesen Teil hatte ich ausgeschlossen, der darf nicht sein, der Teil der nur im Dünnsein das Heil findet, für den Dünnsein absolut alles ist, der nicht zufrieden sein kann bevor er dünn ist. Es ist eingebrannt irgendwo, dass wahres In-Ordnung-Sein nur mit Dünnsein möglich ist. Natürlich weiß ich wo es herkommt, das ist mein Ballett-Trauma, damals fand ich meine Mutter immer eine abscheulich fette Kuh, auf Bildern sehe ich heute, dass sie ganz normal dünn war, höchstens die Hälfte von mir jetzt.

Ich habe ganz viel Mitgefühl mit diesem Anteil, der es einfach nicht anders sehen kann, der es vielleicht niemals anders wird sehen können, ich kann ihn aufnehmen, ihm einen Platz geben, er ist aus dem Schatten ins Licht gekommen, das war sehr, sehr wichtig, das spüre ich ganz deutlich.

Denn das was wir alle wollen, wohin die Seele hinstrebt ist Ganzheit, und Ganzheit bedeutet nicht alles was uns gefällt, sondern Ganzheit enthält ALLES, auch all das, was aufgrund unserer Konditionierung ein absolutes Tabu ist. Alles will gesehen werden, dahin strebt das Leben.

Ja, dieser Unfall zeigt mir ganz deutlich, dass ich mein Schicksal überhaupt nicht akzeptieren kann, null komma null, sobald mir die Möglichkeit geraubt worden ist mir was vorzumachen, kommt die Wahrheit ans Licht.

Ein ganzer nicht versengender Strom an ‚Solltes‘ höre ich in meinem Kopf, du solltest mehr dies, und weniger das, aber morgen solltest du, usw.

Während ich so vor mich hin weinte hörte ich all die Stimmen und mir wurde klar welcher Selbsttäuschung ich erlegen bin. Wenn ich mich gut fühlte, oft nur weil ich zufrieden war den ‚Sollte‘ Stimmen entsprochen zu haben, so getarnt, dass ich nicht merke, dass für sie mein Wohlbefinden nicht zählt.

Nur wenn ich mich frage was jemand tun würde der sich selbst liebt, zähle ich, aber eben nur kurz, im nächsten Moment greift wieder das alte System.

Zum Beispiel als ich gestern vor dem Unfall bei der Gartenarbeit so fertig war und nicht mehr konnte, hat mir die Frage erlaubt aufzuhören, obwohl das System noch längst nicht mit mir zufrieden war, dann aber konnte es sofort wieder zugreifen, indem ich die ganze Zeit unzufrieden war mit mir und Pläne für die Verbesserung meiner Fitness schmiedete. Pläne, die mit meinem Wohlbefinden nichts zu tun haben, denn ob ich morgen oder übermorgen Sport und wenn dann welchen Sport machen will, das kann ich im Voraus gar nicht wissen.

Aber das System fordert mehr Sport. Fast schon ironisch, dass kurze Zeit später die ganzen Pläne für die Katz waren.

So geht es nicht, das ist nicht der Weg, noch mehr vom Alten, noch bessere Pläne, noch mehr Anstrengung. Frei nach Einstein, blöd oder ungesund oder verrückt oder so ist derjenige, der mit den immer gleichen Mitteln andere Ergebnisse erwartet.

Wenn ich das schreibe wird mir klar, meine Verletzung war doch für etwas gut, was da alles noch im Verborgenen in mir schlummert hätte ich sonst so schnell nicht herausgefunden.

Und wenn wir etwas wollen, in meinem Fall Heilung oder Entkommen der inneren Hölle, dann führt uns das Leben auf dem kürzesten Weg dorthin, das ist aber nicht gleichzeitig der angenehmste oder der schmerzfreiste Weg.

Es ist letztlich eine Erleichterung das zuzugeben, dass ich quasi nichts annehmen kann, weder Dinge die passieren, noch Dinge die sind, noch mein Gewicht.

Deswegen setze ich alles auf Null. Ich will alles vergessen was ich weiß, also was ich meine zu wissen, denn eigentlich weiß ich rein gar nichts, und alles neu betrachten. Die Dinge, die Menschen, die Gefühle, die Umstände alles.

Im Sinne von: Tut mir das gut oder nicht? Und was ist für mich überhaupt gut? Was macht dieses ‚gut‘ überhaupt aus? Wer oder was bin ich?

Und mein Kompass dabei ist meine Lieblingsfrage. Irgendwie befreiend dass ich nichts weiß, ich darf alles neu entdecken, nichts ist in Stein gemeißelt.

Projektionen

Ich wiederhole mich, aber ich wiederhole mich gern. Denn ich bin vollkommen überwältigt wie wunderbar diese Frage ist, die ich übrigens von Teal Swan habe: ‚Was würde jemand tun, der sich selbst liebt‘

Wichtig für mich ist genau diese Formulierung, denn ich habe es auch schon mal eine Weile abgewandelt in: ‚Was würde ich tun, wenn ich mich selbst liebe würde‘, aber da funktionierte es irgendwie nicht mehr, ich hatte keine Antworten mehr, die absolute Sicherheit war weg. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich diese Abwandlung vollzogen hatte, bis jemand, der auch diese Frage kannte mich auf die Bedeutung der Formulierung hinwies, danke G. dafür.

Erst dann habe ich das überhaupt registriert und habe angefangen mit dem beiden Formulierungen zu experimentieren. Und ja, nur das Unpersönliche wirkt, wahrscheinlich, weil da keine Biographie, kein Ich im Weg steht, was die andere Frage automatisch impliziert.

So, ich hatte heute morgen Hunger, und mich zog es sehr zur Schokolade, das ist ungewöhnlich, weil ich morgens nichts Süßes mag. Ich höre mich selbst mir die ganze Zeit erzählen, dass ich doch besser etwas anderes essen sollte, etwas gesundes, bla, bla. Mein Kopf ist sogar der Meinung, das ‚Gesunde‘ ist automatisch das liebevolle, ob ich will oder nicht, ha, ha.

Mir fällt glücklicherweise die Frage ein, und zu meiner Überraschung ist die Antwort sofort da, klar und eindeutig: Schokolade. Und das Gefühl gibt dem recht, es sagt, ich wusste es doch, warum traust du mir nicht.

Weil ich noch nicht ganz vertraue, da schwirren noch so viele Stimmen herum, die alles besser wissen, die immer einen Plan haben, die das Richtige für sich gepachtet haben. Aber ich habe jetzt diese Frage, die ist unbestechlich und unvorhersehbar. Denn morgen kann sie Karotte anworten oder Suppe, ich weiß es nicht, denn sie folgt keinen Regeln, sie folgt nur dem aktuell Besten für mich, und das ist nichts statisches, sondern im ewigen Wandel befindlich. Ich kann mit dem Wandel noch nicht besonders gut umgehen, aber die Frage kann es, der Anteil, der antwortet, hat das tiefste Wissen. Ich freue mich so darüber!

Ich sitze herum und weiß nicht was ich tun soll. Ich stelle mir die Frage, die Antwort ist: Beschäftige dich damit was du eben über Projektion gehört hast.

Na klar, im selbem Moment wird mir bewusst, dass ich das die ganze Zeit wollte, aber eine Stimme mit mir diskutierte, dass ich doch nicht ständig das machen kann was mir Spaß macht (innere Arbeit) sondern auch mal was Unangenehmes machen sollte (aufräumen). Deswegen des Stillstand und das Nichtwissen, weil ein innerer Kampf stattfindet.

Nach der Frage ist es glasklar. Wie schön, ich wollte das so gerne ausprobieren!

Ist ja nichts Neues mit der Projektion und trotzdem finde ich diesem Blickwinkel interessant. Alles was im Prozess unserer Sozialisation unerwünscht war, mussten wir abspalten um zu überleben. Und diese Anteile schlummern nun im Dunkeln und wollen ans Licht, wollen integriert werden. Wir bemerken sie durch Projektion, sofern wir uns des ganzen Mechanismus überhaupt bewusst sind.

Sowohl das was wir an anderen überhaupt nicht ausstehen können als auch das was wir an anderen lieben oder das worauf wir neidisch sind, weist uns auf Teile unseres Selbst hin, die wir ausgeschlossen haben.

Also lohnt es sich, wann immer uns eine solche Vorliebe oder Abneigung auffällt uns zu fragen, warum es für uns gefährlich war diesen Anteil zu leben.

Mir fällt spontan ein, dass ich Menschen, die beruflich erfolgreich sind, je nach Stimmung, beneide oder verurteile. Der Aspekt, der dabei für mich wichtig ist, ist dass sie fokussiert, zielstrebig und organisiert sind und dass sie bereit sind der Welt zu zeigen, was sie können.

Offensichtlich ist ein Anteil in mir, der genau das sein will. Warum war es gefährlich so zu sein?

Die Antwort kommt sofort: Dinge zu können, kompetent zu sein, selbstorganisiert, eigene Ziele zu entwickeln, die ich dann verfolge war absolut unmöglich. Seit ich auf der Welt bin. Ich habe das noch nie so betrachtet, aber es zeigt sich mir soeben auf bildlicher und gefühlsmäßiger Ebene.

Meine Mutter bezog ihr ganzes Selbstverständnis, ihr ganzes Glück als Mutter daraus, dass sie mir, unfähigem und nichts wissendem Kind, etwas beibringen konnte, was ich in Vollendung reproduzierte, damit sie sich und den anderen zeigen konnte was für eine gute und besonders fähige Mutter sie ist.

Dass ein Kind von sich aus etwas kann, von sich aus etwas weiß, von sich aus etwas will und verfolgt, das gab es für sie nicht. Also habe ich diesen determinierten und kompetenten Teil abgespalten, und meine Kompetenz allein auf das besonders perfekte Reproduzieren beschränkt. Nur mein Herz hat an dem ganzen Reproduzierten keinerlei Interesse, dafür brenne ich nicht, dafür habe ich keinerlei Motivation mich anzustrengen um der Welt eine Kopie vorzuführen.

Ich spüre den Schmerz darüber, dass fast alles was aus mir kommt falsch ist, die Verzweiflung, dass ich es nicht richtig treffe, und schließlich die Resignation, die zur Überzeugung führt, dass ich überhaupt nicht weiß was gut und richtig ist, und dass ich andere noch besser beobachten und kopieren muss um es zu lernen. Das alles zieht im Spielfilmformat an meinem inneren Auge vorbei, nur dass ich alles auch fühlen kann.

Sofort kommt Druck, was kann ich tun um das zu ändern, ich muss sofort herausfinden wo meine Kompetenz und meine intrinsische Motivation geblieben sind.

STOPP. Was würde jemand tun, der sich selbst liebt? Er würde das alles erst in Ruhe und aller Ausgiebigkeit fühlen.

Ok zurück zum Fühlen. Ich fühle die Verwirrung wachsen, dass alles was mir einfällt und Spaß macht irgendwie falsch ist, ich sehe mich als Krabbelkind durch die Wohnung krabbeln, und spüre wie meine Verunsicherung wächst, was ist, wenn der nächste Schritt wieder falsch ist, ich stoppe und setze mich hin, ich traue mich nicht mehr weiter zu krabbeln, ich fühle mich unsicher, ich weiß nicht wie das Leben funktioniert, ich bin unfähig, ich kann nichts, ich bin verloren, jemand muss mir helfen, jemand muss mir sagen was ich tun soll, ich sehe meine Augen sich immer mehr weiten, die Verwirrung wird zu Angst, zu einer tiefsitzenden Angst vor dem Leben.

Der Körper reagiert, ich würde und würge. Ich habe so viel Mitgefühl mit diesem Kind, ich nehme es in den Arm.

Totale Erschöpfung macht sich breit, das war jetzt intensiv. Jemand der sich selbst liebt würde sich hinlegen, um 11.00 vormittags. Das mache ich jetzt.

Wenn alles genau so bleibt wie es ist

Gestern, als ich mich wie immer mit den wiederkehrenden Ängsten abmühte und dem ewigen Alltag dazu, als ich frustriert war, weil es immer und immer wieder so ist und sich scheinbar nichts ändert, stellte mir meine Freundin Sabine diese Frage: ‚Was würdest du tun, wenn sich niemals etwas ändern würde, wenn es einfach so bleiben würde?‘

Sofort sah ich ein Bild. Ich sah mich in meinem Ist-Zustand, wie ich mit aller Kraft versuche vorwärts zu kommen, aber von hunderten von zähen Kaugummischnüren festgehalten werde, je stärker ich dagegen drücke, desto stärker halten sie mich zurück. Und ich gebe Gas und gebe Gas und hoffe, dass ich irgendwann schnell und kräftig genug bin, dass ich irgendwann mit genug Kraft und Anstrengung es geschafft haben werde mich zu befreien. Aber bisher ist trotz aller Mühen nichts passiert.

Nun kommt die Frage ins Spiel. Wenn ich mir also vorstelle, dass alles ganz genau so bleibt wie es jetzt ist, dann höre ich augenblicklich mit dem Kampf auf. Ich höre auf mich mit aller Kraft gegen die Kaugummischnüre zu stemmen, denn wenn ich das sowieso nie ändern kann, dann ist das Mühen völlig sinnlos. Dann kann ich es mir auch gemütlich machen, mitten im Kaugumminetz.

Ich nehme den Druck raus und den Kampf und die Schnüre tun das auch, sie lassen locker, weil sich keiner mehr dagegenstemmt. Ich kann ganz langsam, sanft und ruhig durch sie hindurchgehen, wenn ich ganz vorsichtig vorbeigehe, dann lassen sie mich einfach passieren.

Ach, das hätte ich nicht gedacht. Aber das Bild ist eindeutig und das Gefühl dazu auch. Völlige Entspannung, völlige Hingabe, völlige Akzeptanz. So fühlt sich das also an.

Ich merke, mit dieser absoluten Sanftheit mir selbst gegenüber kann ich mit den Schnüren spielen. Ich kann ein wenig verweilen, ich kann ganz locker drübersteigen, drunterkriechen, alles geht.

Sobald ich aber beschließe, dass sie nicht da sein sollen und versuche sie zu zerreißen oder durch sie hindurchzugehen erwachen sie zur alten Kraft und stemmen sich voll dagegen.

Wow, danke Sabine, jetzt habe ich ein Bild und ein Gefühl und eine Frage für dieses für mich so schwere Thema Annehmen.

Heute bin ich in diese Frage verliebt. Gerade kämpfe ich mit dem Umstand, dass ich gleich wieder los muss um ein Kind abzuholen. Was würde ich tun, wenn sich niemals etwas ändern würde?

Sofort geht die Luft raus, die Spannung, ich fühle eine Sanftheit mir selbst gegenüber. Ich darf innehalten, ich darf es so machen wie es für mich gut ist, denn wie ich mich fühle hat für mich Priorität, die Umstände zu ändern liegt nicht in meiner Macht, aber auf mich achtzugeben, das schon.

Und das Interessanteste ist, dieses Druck Rausnehmen ist eine innere Bewegung, es ist eine Veränderung in mir, nicht außerhalb, und doch, auch wenn von Außen unsichtbar, ist es die entscheidende Veränderung. Keine Veränderung im Außen kann etwas nützen, wenn es sich im Innen nichts bewegt. Bewegt es sich jedoch im Innen, ist das Außen nicht mehr relevant.

Und was dann langfristig mit dem Außen passiert, das ist die spannende Frage. Denn es wird etwas passieren.

Und täglich grüßt das Murmeltier

Innere Starre, halten und zusammenziehen. Angst, ich habe Angst.

Und wenn es so wäre, was wäre dann?

Dann habe ich mein Leben lang Angst. Etwas ist nicht in Ordnung, dann kann ich nie mehr entspannen.

Ich bin darauf angewiesen, dass alles in Ordnung ist, sonst kann ich nicht lockerlassen. Leben. Genießen.

Und wenn du nicht lockerlässt und nicht lebst und nicht genießt, was wäre dann?

Das darf nicht sein, dann wäre das gar kein Leben.

Solange nicht alles in Ordnung ist, ist es kein Leben, obwohl du lebst? Was heißt denn Leben? Definiere das.

Leben ist alles Positive, das Schöne, Lockere, Leichte.

Und der Rest ist kein Leben?

Nein.

Wie kommst du darauf?

Ich merke, ich habe das vollständig von meiner Mutter übernommen, die panische Angst vor allen möglichen und unmöglichen Dingen hat, besonders vor Krankheiten. Eine Krankheit war immer ein totaler Ausnahmezustand. Als dürfe es das nicht geben. Aber auch alles andere, was für sie unangenehm war, durfte nicht sein. Und ich habe das ganz tief verinnerlicht, klar, das passiert automatisch, da haben wir als Kinder gar keine Chance es anders zu sehen. Selbst wenn ein Teil von uns sich dagegen auflehnt, das Gift dringt trotzdem ganz tief ein.

Ich sammle Momente, in denen ich Freude empfinde, obwohl ich Angst habe. Ich werde immer und immer wieder Angst haben. Das ist klar, und auch wenn ich Angst nicht wegdrücke, mit ihr arbeite und sie erforsche, erlahmt mein restliches Leben solange sie da ist.

Ich habe mir meine Lieblingsfrage gestellt: ‚Was würde jemand tun, der sich selbst liebt‘, und die Antwort ist eindeutig, Platz machen für all die Angst, die in Liebe aufnehmen aber auch Platz machen für alles andere was da ist, sich nicht für alles verschließen, nur weil Angst da ist.

Leicht ist es nicht. Doch es ist möglich hin und wieder Momente zu genießen, mit meinen Kindern, die Sonne, dass ich mich nachmittags hinlegen kann, usw.

Ich falle dann wieder zurück in den Körper, alles wird tiefer und echter.

Nächste Herausforderung: Kurs. Obwohl ich mich gar nicht damit beschäftigt habe. Der Supergau für das System. Jetzt hattest du so viel Angst wegen dieser Sache, du hattest gar keine Zeit für Angst wegen des Kurses.

Und dann?

Das geht nicht.

Ich spüre, dass du das glaubst, du willst hier ein Totalversagen inszenieren, ich spüre die physischen Kräfte schwinden, der Kopf ist neblig und dreht sich.

Was würde jemand tun, der sich selbst liebt? Der würde beim Atem bleiben, im Moment, sich Atemzug für Atemzug stabilisieren.

Ich fühle mich wie im freien Fall, habe Angst vor einem Zusammenbruch. Ich lass mich fallen, Schwindel, Übelkeit, Würgen, kann ich es annehmen, dass es immer wieder so ist?

Nein

Kann ich es annehmen, dass ich es nicht annehmen kann?

Ja, das kann ich. Sofort kommt Erleichterung in Form von Tränen.

Diesen Schwindel, die Übelkeit, das Würgen, wann habe ich das früher schon mal gefühlt?

Ich sehe mich als Baby/Kleinkind, wie ich Todesangst habe vor meinem Vater. Viele, viele Mal fühlte ich mich ihm schutzlos ausgeliefert, ich konnte es nur irgendwie überstehen oder auch nicht, das war nicht vorauszusehen.

Ich sehe auch Szenen, als sie mir erzählt haben, wenn ich das und das tue (Benehmen das sie nicht haben wollten), dann passiert das und das (schlimme Konsequenzen, alles erstunken und erlogen, das waren die guten Erziehungsmethoden meiner Familie im Gegensatz zu den bösen meines Vaters). Ich spüre die Angst zu sterben weil ich das Verbotene doch gemacht habe, ich konnte mich niemandem anvertrauen, ich musste da irgendwie durch. Und das habe ich gemacht, indem ich jedes Mal einen Teil, diesen Teil, der in Panik war, ausgeschlossen habe aus meinem Bewusstsein, anders ging es nicht.

Und der will jetzt wieder zurück. Er will aufgenommen werden, damit ich ein Stück ganzer werde.

Die absolute Krise ist vorbeigezogen, ich fühle mich durchgerüttelt aber stabil. Meine Ausrichtung für den restlichen Tag ist, mich immer wieder, so oft es mir einfällt, zu fragen was jemand tun würde, der sich selbst liebt. Das bringt mich wieder in Kontakt mit dem Wesentlichen und auch mit dem Möglichen.

Die Liebe überfordert uns nämlich nicht, sie geht nicht von einem Ideal aus, das uns mit allen Mitteln übergestülpt werden soll, auch nicht von einem Heilungsideal, nein sie bleibt ganz realistisch nah dran und weiß ganz genau was möglich und hilfreich ist in diesem Moment und was nicht.

Den Rest der Unsicherheit übergebe ich an Gott, ich kann es nicht lösen, ich kann es nicht ändern, bitte lieber Gott, nimm all meine Ängste und hilf mir es mit deinen Augen zu sehen.

Raum für Extreme

Ich finde immer etwas, was das Leben unsicher macht. Und wenn das geklärt ist, dann das nächste. Ich bin sehr sicher, dass das nicht aufhören wird. Die Grundunsicherheit des Lebens ist einfach da, und je älter ich werde, desto bewusster tritt sie in Erscheinung.

Also kann es mir nicht helfen nach Sicherheit zu suchen, sicher wird es nie. Ich brauche die Ruhe unter der Unruhe, die Stille hinter dem Lärm, die Geborgenheit unter der Unsicherheit, das Leben obwohl es ein Problem gibt.

Das habe ich als die Hauptursache für mein Leid identifiziert. Wann immer es ein Problem gibt, steht das Leben für mich still. Und wie?

Ich bin nicht mehr da, ich bin nicht mehr im Körper, ich höre, sehe nichts mehr, kann mich für nichts mehr interessieren, ich bin besetzt von der Unruhe. Es surrt und zirrt und zappelt und zittert.

Alles wir davon übertönt, überdeckt, überlagert. Ich werde zu einem winzigen Punkt und ziehe mich in meinen Kopf zurück, verstecke mich da und warte bis es vorbei ist.

Mir fällt ein was ich neulich gehört habe, dass es darum geht zu lernen ein Raum zu sein für beide Extreme gleichzeitig. Angst und Freude zum Beispiel. Wir tendieren dazu uns auf eine Seite schlagen zu wollen um diesen Widerspruch nicht halten zu müssen, aber das wird uns unweigerlich spalten, weil wir beides sind. Neulich war es mir auch gelungen beiden, der Angst und der Freude, Raum zu geben, aus dem Kampf und der Spannung wurde eine warme, wohlige lebendige Bewegung.

Und jetzt? Was sind jetzt die Extreme? Es ist die Unsicherheit, also Angst und auf der anderen Seite das Vertrauen, das beschützt und aufgehoben Sein auf der anderen.

Ich stelle mir vor, rechts ist die Angst und links das Vertrauen, ich stelle mich in die Mitte und umfasse beide.

Wenn es ok wäre beide zu enthalten, was müsste dann anders sein?

Ich müsste akzeptieren, dass beide gleichberechtigt zum Leben gehören, dass das Leben ohne eines von beiden unvollständig wäre. Das es da nicht um gutes Gefühl – schlechtes Gefühl geht, sondern um Facetten des Lebens, wertfrei.

Sofort schießen mir die Tränen in die Augen. Es ist eine verbundene, innige Traurigkeit, als würde ich endlich ein wenig meine menschliche Natur anerkennen. Auch wenn es schmerzt und aus der Problemlösungsperspektive nicht ändert, so ist es doch das Leben, so ist das Leben, das IST Leben.

Solange ich all das versuche zu vermeiden, lebe ich gar nicht. Ich verstehe immer mehr, warum ich mich so wenig lebendig fühle, die Lebendigkeit schließt den Schmerz mit ein, will ich den Schmerz ausschließen, lebe ich nicht. Das kann ich nicht oft genug wiederholen.

Meine Definition von Leben war bisher: ‚Nur wenn alles problemlos läuft in jeglicher Hinsicht, dann ist das Leben, das sich zu leben lohnt. Jede Störung muss vermieden, bekämpft oder verdrängt werden, weil ein Leben mit Störungen jedweder Art nicht lebbar, nicht aushaltbar ist.‘

Und ich verstehe gut, in welcher Zeit und warum diese Vorstellung entstanden ist, und trotzdem, sie könnte falscher nicht sein. Es ist genau andersherum.

Was auch immer wir ausschließen ist immer nur Leben. Wir trennen uns vom Leben und von uns selbst, bis wir als Zombies herumvegetieren.

Ich bin aus meinem Versteck im Kopf wieder herausgekommen und bewohne meinen Körper bin zum Becken. Ich stelle mich hin, und Wow, ich kann meine Füße bewohnen, ich spüre mein ganzes Gewicht in meinen Füßen, ich spüre den starken Kontakt zum Boden, so konkret habe ich den Boden noch nie gespürt, mein Krampfring flattert, aber kein Würgen heute. Ein Fortschritt.

Ufff

Puh. Die Woche war heftig, und ist es noch. Termine über Termine. Das Leben verschärft sich für mich, es will wohl dass ich anwende was ich gelernt habe, es nimmt mir meine täglichen ungestörten Stunden der inneren Arbeit und will dass ich lebe. Unverschämtheit!

Die Kinder wollen mehr, Schwimmkurs, Reiten, eigenes Pferd, Turnen, für mich heißt das, dauernd unterwegs und unter Menschen zu sein. Zu Hause dann non stop Hausaufgabenbetreuung oder Lernen für Schulaufgaben, dann meine Seminare und jetzt wieder mein Praktikum. Und heute Abend gehen wir aus. Egal ob schön oder nicht, freiwillig oder nicht, jeder Termin ist ein Stress, weil ich das Haus verlassen muss.

Während ich bisher an einem oder zwei Tage die Woche Termine außer Haus hatte, sind es nun täglich mehrere geworden. Das geht kaum. Grenze. Ich will das Haus nicht verlassen. Wollte ich noch nie. Aber warum?

Ich bin dieser Frage seit zwei Tagen nachgegangen. Und mir ist Entscheidendes klargeworden. Ich lebe nicht in meinem Körper.

Vorhin ging ich zur Bank und übte wieder meine Füße zu bewohnen, auf einmal wunderte ich mich über diese komische Perspektive, als sei ich viel kleiner geworden. Und da fiel es mir auf. Natürlich, ich befinde ich immer oberhalb des Körpers, schwebe frei in der Luft und von dort aus betrachte ich das Leben. Betrachte es, weil ich gar nicht dabei sein kann ohne Körper.

Und wenn ich den Körper fühle, dann dehne ich mich in den Körper aus, und kann auch schön brav alles fühlen, aber mein Mittelpunkt, meine Basis, mein Zuhause sind in der Luft. Maximal bis zu meinem Zwerchfellring, bis dorthin wo es so schwer krampft, kann ich den Körper bewohnen. Deswegen auch der Krampf, die uralte Anstrengung mich aus dem Körper herauszuheben.

Überhaupt kein Wunder, dass ich flatterig bin, ungeerdet, unverbunden, frei schwebend. Vor langer Zeit war das meine Sicherheit, da oben hatte ich Ruhe, niemand konnte mich da erreichen.

Immer noch kann ich nicht die Füße bewohnen, mich in ihnen niederlassen ohne heftigste Reaktionen, von Würgen über Brechen zu Schwindel. Der Kontakt zur Erde, der Kontakt zum Leben wird vom System als höchste Gefahr eingestuft.

Mit kommt gerade der Gedanke, dass es für das Leben noch ok war, dass ich mich da oben aufhalte als ich noch keine Kinder hatte, deswegen durfte ich da noch dünn sein, aber als die Kinder kamen, sollte ich auf der Erde bleiben, und notfalls zwingt mich das Gewicht dazu.

Ja das Gewicht, das ist auch so ein Thema. Es klebt hartnäckig an mir, obwohl ich keine Essstörung mehr habe. Das kann ich wirklich sagen. So schräg, das Ganze, nur damit erklärbar, dass es eine Komponente gibt, die ich noch nicht kenne. Ich habe zu diesem Thema auch mein Pendel befragt, mehrmals, es sagt auch, dass es nichts mit Essen zu tun hat. Das Essen ist in Ordnung.

Es sagt, es hat etwas mit Bewegung zu tun, aber um Sport geht es dabei nicht, es bleibt irgendwie unkonkret.

Hallo meine Dicke, bist du bereit mit mir zu reden?

‚Ja, aber gern, ich bin doch froh wenn du mich beachtest‘

Danke dir. Wie geht es dir? Ist es für dich gut hier, gefällt es dir so?

‚Nein, ich würde gerne gehen aber ich kann nicht.‘

Weißt du denn wieso?

‚Nein, ich weiß es nicht, ich kann dir nur sagen, dass ich nicht diejenige bin, die das hier am Laufen hält. Mich hindert etwas am Gehen, obwohl ich das sooo gerne tun würde.‘

Weißt du denn wer oder was dich hindert?

‚Nein.‘

Enttäuschung und Frust, ich komme irgendwie nicht weiter, ich fühle das für eine Weile, doch dann höre ich plötzlich diesen Satz: ‚Du kannst nicht mit Leichtigkeit dünn sein‘

Oh. Wieso nicht?

‚Weil das nicht geht, es geht nur mit Anstrengung, Darben, Mühe, Schweiß‘

Wie kommst du darauf? Es gibt doch so viele Leute, die einfach dünn sind.

‚Leute schon, aber nicht sie. Sie kann das nicht.‘

Und wie kommst du darauf?

‚Nun, sie war es doch nie.‘

Das stimmt nicht, bis sie 12-13 war, war weder Essen noch Gewicht ein Thema, dann durchs Ballett natürlich schon, und später gab es auch mal kurze Phasen, in denen sie natürlich dünn war ohne darüber nachzudenken. Also ist es möglich, auch für sie.

‚Ne, so etwas Tolles hat sie nicht verdient, das ist doch ungerecht, warum soll es ihr so gut gehen.‘

Wie meinst du das? So gut gehen im Vergleich zum wem?

‚Zu ihren Eltern. So ist sie wenigstens dick. Wenn sie schon sonst alles hat.‘

Nun, wenn sie dick bleibt, geht es dann den Eltern besser?

‚Nein.‘

Wozu dann das Ganze?

‚Weil es für sie zu traurig ist, wenn sie sehen muss, wie ihre Eltern völlig sinnlos im Leid hängenbleiben und nichts sehen wollen. Wenn sie denkt, dass das Leben einen Haken haben muss, dann kann sie das besser akzeptieren, die sind ja immerhin dünn.‘

Oh, darum geht es, ich verstehe, danke dir.

Gerade heute war ich zu einer ungewöhnlichen Zeit in einer Gegend einkaufen in die ich normalerweise nicht fahre. Aus dem Auto sah ich meine Eltern auf der Straße laufen. Nur einen winzigen Augenblick, der aber völlig ausreichte um ihre Energien aufzunehmen, um zu spüren wie unglaublich eng und starr der Raum ist, in dem sie sich bewegen, wie sehr sie ich aneinander klammern um zu überleben. Eine Welle tiefer Traurigkeit überrollte mich und ich habe noch im Auto deswegen sehr geweint.

Ich konnte zum ersten Mal verstehen warum sie zusammenbleiben, warum sie diese, in meinen Augen fatale, Mesalliance nicht beenden, nicht beenden können, niemals beenden werden. Sie sind wie der Blinde und der Gehbehinderte die sich gegenseitig durchs Leben helfen, sich aneinander klammern, weil sie allein nicht sehen bzw. nicht gehen können. Und da sie wohl nicht mehr aus dem Traum erwachen werden, dass ihre Behinderung echt ist, gibt es für sie nur die altbekannte Hölle.

Ich spüre Mitgefühl für meine Eltern, für ihr Schicksal und ihr Leben, dass sie sich ausgesucht haben. Ich spüre auch Bewunderung dafür, dass sie sich so ein hartes Leben ausgesucht haben, so viel härter als meins, ich fühle die Energie der höheren Selbste meiner Eltern, die mir zulächeln, sie nicken mir wohlwollend zu, sie sagen: ‚Es ist in Ordnung, wir kümmern uns um sie, du musst dich nicht mehr bestrafen, du darfst glänzen, wir erfreuen uns daran, das war unsere Absicht, unser Sinn, deinen Eltern geht es gut, in ihrer kleinen Höhle leiden sie gar nicht, sie kennen nichts anderes. Sei frei und lebe dieses Leben ganz, so wie wir es uns für dich gewünscht haben, sei dünn, sei strahlend, sei glücklich, es ist alles deins, sowieso, nichts musst du dir verdienen oder erkämpfen, du kannst einfach so alles haben was du willst.‘

Könnt ihr mir sagen, warum ich nicht abnehme?

‚Bist du gewillt die Antwort zu wissen?‘

Ja, das bin ich.

‚Du isst zu viel Falsches. Das macht den Körper schwer, erzeugt niedrige Schwingungen. Dann fühlst du dich schwer, magst dich nicht bewegen.‘

Das stimmt, ich kann es fühlen, ich esse nicht zu viel, aber oft nicht das Richtige. Aber ich kann es so oft nicht wirklich erkennen, erst hinterher, aber dann ist es zu spät.

Ich sehe mein eigenes höheres Selbst, ich frage es wie ich das besser wissen kann, was ich essen soll.

‚Ich verstehe sehr gut, dass du es meistens nicht weißt. Du bist fast nicht im Körper. Du hast zwar gelernt, deinen Magen zu fühlen, also ist das mit dem Hunger und der Sättigung schon ganz in Ordnung, aber was du essen sollst, das weiß der Magen nicht, dazu braucht es die Weisheit des ganzen Körpers. Also ist es gut, wenn du weiterhin übst deinen Körper zu bewohnen. Abgesehen davon, bzw, bis das mal besser klappt, kannst du auch einfach mich fragen. Frage mich wie du dich nach einer Speise fühlen wirst, leicht oder schwer. Denn es kommt auf vieles an, nicht die Speise an sich ist leicht oder schwer, sondern der gesamte Kontext. Also frag, dazu bin ich da. Frag mich.‘

Ok, danke dir, das mache ich.

80 Prozent

Ich fühle mich bäh.

Was will ich nicht fühlen, oder besser, was fühle ich überhaupt?

Ich stelle den Timer und lasse es reden.

Ich will endlich ankommen, ich will endlich frei sein, ich will nicht mehr leiden und kämpfen und mich schlecht fühlen und Angst haben und mich verstecken und zittern und vermeiden und fürchten und hassen.

Oh Gott, gibt es einen Weg nach draußen, dann bitte hilf mir, hilf mir es anders zu sehen.

Es ist aber gar keine Angst da, das macht mich verwirrt, orientierungslos. Wenn keine Angst da ist, was ist dann da? Wie würde mein schlankes Ich das sehen?

Es würde zu sich stehen und all seinen Eigenschaften und würde es völlig normal finden, dass manche das gut finden und manche nicht. Es würde sich deswegen keinen Deut verstecken. Es würde stahlen mit aller Leuchtkraft und Leichtigkeit.

Ich allerdings habe gerade eine ‚Ich-habe-keine-Angst‘-Angst-Attake. Das ist so schräg, dass ich lachen muss. Unglaublich was es alles gibt. Ich habe keine Angst vor dem Kurs und das macht mir Angst. Es ist so neu, ich kann es nicht einordnen.

Das ist das Stichwort. Der Verstand kommt nicht mehr mit, es braucht Vertrauen, das alles gut ist wie es ist.

Was könnte mir helfen? Ich bitte um Hilfe.

Ich höre: ‚Niemand verlangt etwas von dir, was du nicht zu geben bereit bist, so wie du bist ist es vollkommen in Ordnung, du brauchst dich nicht anzustrengen um irgendetwas Bestimmtes zu erreichen, alles ist nur ein riesiges Spiel, wie auch immer es ausgeht ist gut, es gibt kein schlecht, spiele einfach mit und freue dich daran, darum geht es! Trau dich es dir leicht zu machen, verwende keine Zeit und Energie mit Gedanken und Vorbereitungen, die völlig unnötig sind. Bist du zu diesem Zeitpunkt ausreichend vorbereitet? Ja! Hast du dir in dieser Hinsicht etwas vorzuwerfen? Nein! Wie war das? In 20 % der Zeit erreichen wir 80% des Ergebnisses, und in den restlichen 80% nur noch 20 %. Kannst du mit 80% zufrieden sein? Damit du für alles andere in deinem Leben auch noch Energie hast? Damit ein Kurs nicht alles überschattet und du im restlichen Alltag gar nicht mehr vorhanden bist? Ich frage dich nochmal: Darfst du einfach, leicht und spielerisch deine 80% geben und damit zufrieden sein?‘

Ja, ja, das darf sein, das ist meine Entscheidung, ich will es so machen wie es für mich leicht und locker geht, und ja, 80% sind völlig ausreichend, es ist für mich völlig in Ordnung, ich muss mich dafür nicht aufreiben, es darf leicht sein, leicht für mich.

Ich merke wie ich wieder in meinem Körper ankomme, wie meine Sinne zurückkehren, ich höre wieder, ich sehe wieder, ich rieche wieder, ich taste wieder ich schmecke wieder ich fühle wieder Freude und Verbundenheit mit meinen Kindern und Dankbarkeit über die vielen schönen Umstände, mein Mann, die Kinder, die Freiheit die ich habe, die Selbstbestimmung, den Raum zum Ausprobieren und Heilen, ohne Druck, ohne Not.