Seifenblase

Die Wahrheit über mich wird immer klarer, offener, fühlbarer.

Die Kinder machen nicht das worum ich sie bitte, Tränen, ich habe einen harmlosen Termin, Druck und Krämpfe, ich bekomme keinen Parkplatz, Druck, Krämpfe und Tränen, ich habe einen schwierigen Termin, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen. Der Körper spricht eine deutliche Sprache.

Was macht das mit mir?

Erleichterung, dass ich es endlich deutlich fühlen kann, dass ich mich nicht mehr fragen muss, was eigentlich mit mir los ist, wieso alles Mögliche zu anstrengend und kraftraubend ist. Weil ich meine ganze Kraft dafür aufbrauche diese Symptome zu unterdrücken und irgendwie weiterzumachen.

Und wenn ich jetzt reinfühle, ist da eine ganz tiefe Ruhe, ich muss mir nichts mehr vormachen, kein Bild mehr aufrechterhalten von jemandem dem alles nichts ausmacht, dem nichts etwas anhaben kann, der immer durchhält und sich zusammenreißt. Und auch nicht mehr vormachen, dass alles nicht so schlimm war.

Für mich war es schlimm, die Folgen zeugen davon. Und weil ich endlich alles fühlen kann, kann ich auch anerkennen wie schlimm alles war.

Die Stimme, die mir vorwirft, ich übertreibe gewaltig, dramatisiere dermaßen unverschämt, so schlimm sei das doch alles nicht gewesen, die ist schon noch da, aber ich glaube ihr nicht mehr, ich kann sie ganz klar als die Stimme meiner Mutter identifizieren, die damit versucht hat den Schein aufrechtzuerhalten.

Es gibt für mich verschiedene Aufgaben, wie das Positive wahrzunehmen und zu ankern, aber im Augenblick interessieren sie mich nicht.

Ich bin irgendwo angekommen wo es ganz still ist. Unendlich still. Seit ich heute morgen aufgewacht bin befinde ich mich dort. Still und schön und zart. Ich bin in einer kleinen Seifenblase inmitten des tobenden Sturms.

Ich kann die gewaltigen Luftmassen und fliegenden Gegenstände um mich herum sehen, aber sie erreichen mich nicht. Ich bin geschützt. Bei mir hier in der Seifenblase ist alles ruhig.

Mein Körper entspannt sich mehr und mehr, je länger ich hier bin. Ich kann alles fühlen, ich bin nicht abgeschnitten, aber all das Fühlen nimmt mir nicht die Ruhe.

Ich glaube das ist innerer Frieden. Mitten im Sturm. So fühlt sich das an, er existiert tatsächlich. Ich darf das jetzt erleben, so ganz unvermittelt, ich hatte mich ursprünglich zum Weinen hingesetzt.

Mir fällt die Karte ein, die ich gestern vor dem Schlafengehen noch gezogen habe: Genieße jede Erfahrung, das ist deine einzige Aufgabe, für den Rest ist gesorgt.

Genau so. Ich genieße meine Seifenblase und fühle, das sich alles von allein entwickelt. Ich muss nichts tun.

Das Unwohlsein genießen

Am Fühlen führt kein Weg vorbei. Warum ist das so schwer?

Morgen ist wieder Kurs. Seit dem letzten Kurs fühle ich mich deswegen elend. Es bedroht mich. Egal was ich versuche, es bleibt.

Es zulassen, dieses merkwürdige Gefühl, das erscheint mir unmöglich. Ich kämpfe bis es nicht merh geht.

Ich fühle meinen Körper, totale Spannung, der Magen ist ein einziger Krampf. Ich bin auf der Hut, in ständigem Check-Modus, meine Strategie gegen die Haltlosigkeit.

Wenn wir als Babys Haltlosigkeit erfahren, und dass ist immer, wenn unsere Bezugspersonen nicht angemessen auf unsere Bedürfnisse reagieren, dann übernehmen wir sofort und versuchen uns selbst zu halten, denn alles andere ist lebensbedrohlich. Hypervigilanz ist mein Muster.

Ich merke ich will das nicht akzeptieren. Ich sträube mich dagegen, dass es mir oft, meistens so geht.

Was wäre, wenn du dich dem was ist überlassen würdest?

‚Das geht auf gar keinen Fall, nein, nein, nein!‘

Was befürchtest du dann?

‚Ich zerplatze in tausend Teilchen, wenn ich nicht alles zusammenhalte, dann zerplatze ich in tausend Teile.‘

Kannst du dich einfach platzen lassen?

‚Hm. Na ja, vielleicht. So kann ich jedenfalls nicht mehr.‘

Ich sehe mich platzen, ich Millionen winziger Glitzerteilchen, sie fallen haltlos in ein dunkles Loch, tiefer und tiefer und tiefer, es ist so hoffnungslos, ich weine. Plötzlich fangen die Glitzerteile an sich zu ordnen, sie formen einen Kometenschweif und schweben durch die Galaxie, schweben und tanzen. Einen Verzweiflungstanz. Für mich gibt es keine Erlösung. Das höre ich.

Irgendjemand fragt: ‚Hast du Vertrauen ins Leben?‘

Nein, weine ich bitterlich, nein, ich habe kein Vertrauen, ich hätte so gern eines, aber es geht nicht.

‚Das Vertrauen ist jedem Menschen angeboren,‘ sagt die Stimme, ‚auch dir, du hast nur die Verbindung verloren‘.

Ich weiß nicht, mir geht es immer nur schlecht, ich fühle nur Unangenehmes egal was ich mache, für mich gibt es kein schönes Leben.

‚Was erwartest du eigentlich? Was ist ein schönes Leben?‘

Ich möchte es genießen, ich möchte mein Leben genießen und nicht fürchten.

‚Und warum genießt du nicht das, was dir das Leben bringt, also das Unangenehme, die Angst?‘

Häh? Wie meinst du das?

‚Wie ich es sage. Du willst nur das genießen was du haben willst, du kannst aber sofort das Leben genießen, jetzt auf der Stelle. Genieße das Unwohlsein, entspann dich hinein, schmelze hinein. Ja hineinschmelzen. Wenn du so eine Rolle auf der Bühne spielen würdest, würdest du deswegen leiden?

Nein.

Eben, du würdest da voll hineingehen und es so richtig genießen.

Ja, das stimmt.

Und warum?

Weil es nur ein Spiel ist.

Und was ist der Unterschied zum Leben?

Das ich damit auch aufhören kann, dass ich die Kontrolle habe.

Und kannst du es genießen, auch wenn du nicht die Kontrolle hast?

Ja, schon, eigentlich, genießen ist besser als nicht genießen, es ist sowieso da. Also voll hineinschmelzen und sich ergeben. Wie hier:

Peanuts