Ufff

Puh. Die Woche war heftig, und ist es noch. Termine über Termine. Das Leben verschärft sich für mich, es will wohl dass ich anwende was ich gelernt habe, es nimmt mir meine täglichen ungestörten Stunden der inneren Arbeit und will dass ich lebe. Unverschämtheit!

Die Kinder wollen mehr, Schwimmkurs, Reiten, eigenes Pferd, Turnen, für mich heißt das, dauernd unterwegs und unter Menschen zu sein. Zu Hause dann non stop Hausaufgabenbetreuung oder Lernen für Schulaufgaben, dann meine Seminare und jetzt wieder mein Praktikum. Und heute Abend gehen wir aus. Egal ob schön oder nicht, freiwillig oder nicht, jeder Termin ist ein Stress, weil ich das Haus verlassen muss.

Während ich bisher an einem oder zwei Tage die Woche Termine außer Haus hatte, sind es nun täglich mehrere geworden. Das geht kaum. Grenze. Ich will das Haus nicht verlassen. Wollte ich noch nie. Aber warum?

Ich bin dieser Frage seit zwei Tagen nachgegangen. Und mir ist Entscheidendes klargeworden. Ich lebe nicht in meinem Körper.

Vorhin ging ich zur Bank und übte wieder meine Füße zu bewohnen, auf einmal wunderte ich mich über diese komische Perspektive, als sei ich viel kleiner geworden. Und da fiel es mir auf. Natürlich, ich befinde ich immer oberhalb des Körpers, schwebe frei in der Luft und von dort aus betrachte ich das Leben. Betrachte es, weil ich gar nicht dabei sein kann ohne Körper.

Und wenn ich den Körper fühle, dann dehne ich mich in den Körper aus, und kann auch schön brav alles fühlen, aber mein Mittelpunkt, meine Basis, mein Zuhause sind in der Luft. Maximal bis zu meinem Zwerchfellring, bis dorthin wo es so schwer krampft, kann ich den Körper bewohnen. Deswegen auch der Krampf, die uralte Anstrengung mich aus dem Körper herauszuheben.

Überhaupt kein Wunder, dass ich flatterig bin, ungeerdet, unverbunden, frei schwebend. Vor langer Zeit war das meine Sicherheit, da oben hatte ich Ruhe, niemand konnte mich da erreichen.

Immer noch kann ich nicht die Füße bewohnen, mich in ihnen niederlassen ohne heftigste Reaktionen, von Würgen über Brechen zu Schwindel. Der Kontakt zur Erde, der Kontakt zum Leben wird vom System als höchste Gefahr eingestuft.

Mit kommt gerade der Gedanke, dass es für das Leben noch ok war, dass ich mich da oben aufhalte als ich noch keine Kinder hatte, deswegen durfte ich da noch dünn sein, aber als die Kinder kamen, sollte ich auf der Erde bleiben, und notfalls zwingt mich das Gewicht dazu.

Ja das Gewicht, das ist auch so ein Thema. Es klebt hartnäckig an mir, obwohl ich keine Essstörung mehr habe. Das kann ich wirklich sagen. So schräg, das Ganze, nur damit erklärbar, dass es eine Komponente gibt, die ich noch nicht kenne. Ich habe zu diesem Thema auch mein Pendel befragt, mehrmals, es sagt auch, dass es nichts mit Essen zu tun hat. Das Essen ist in Ordnung.

Es sagt, es hat etwas mit Bewegung zu tun, aber um Sport geht es dabei nicht, es bleibt irgendwie unkonkret.

Hallo meine Dicke, bist du bereit mit mir zu reden?

‚Ja, aber gern, ich bin doch froh wenn du mich beachtest‘

Danke dir. Wie geht es dir? Ist es für dich gut hier, gefällt es dir so?

‚Nein, ich würde gerne gehen aber ich kann nicht.‘

Weißt du denn wieso?

‚Nein, ich weiß es nicht, ich kann dir nur sagen, dass ich nicht diejenige bin, die das hier am Laufen hält. Mich hindert etwas am Gehen, obwohl ich das sooo gerne tun würde.‘

Weißt du denn wer oder was dich hindert?

‚Nein.‘

Enttäuschung und Frust, ich komme irgendwie nicht weiter, ich fühle das für eine Weile, doch dann höre ich plötzlich diesen Satz: ‚Du kannst nicht mit Leichtigkeit dünn sein‘

Oh. Wieso nicht?

‚Weil das nicht geht, es geht nur mit Anstrengung, Darben, Mühe, Schweiß‘

Wie kommst du darauf? Es gibt doch so viele Leute, die einfach dünn sind.

‚Leute schon, aber nicht sie. Sie kann das nicht.‘

Und wie kommst du darauf?

‚Nun, sie war es doch nie.‘

Das stimmt nicht, bis sie 12-13 war, war weder Essen noch Gewicht ein Thema, dann durchs Ballett natürlich schon, und später gab es auch mal kurze Phasen, in denen sie natürlich dünn war ohne darüber nachzudenken. Also ist es möglich, auch für sie.

‚Ne, so etwas Tolles hat sie nicht verdient, das ist doch ungerecht, warum soll es ihr so gut gehen.‘

Wie meinst du das? So gut gehen im Vergleich zum wem?

‚Zu ihren Eltern. So ist sie wenigstens dick. Wenn sie schon sonst alles hat.‘

Nun, wenn sie dick bleibt, geht es dann den Eltern besser?

‚Nein.‘

Wozu dann das Ganze?

‚Weil es für sie zu traurig ist, wenn sie sehen muss, wie ihre Eltern völlig sinnlos im Leid hängenbleiben und nichts sehen wollen. Wenn sie denkt, dass das Leben einen Haken haben muss, dann kann sie das besser akzeptieren, die sind ja immerhin dünn.‘

Oh, darum geht es, ich verstehe, danke dir.

Gerade heute war ich zu einer ungewöhnlichen Zeit in einer Gegend einkaufen in die ich normalerweise nicht fahre. Aus dem Auto sah ich meine Eltern auf der Straße laufen. Nur einen winzigen Augenblick, der aber völlig ausreichte um ihre Energien aufzunehmen, um zu spüren wie unglaublich eng und starr der Raum ist, in dem sie sich bewegen, wie sehr sie ich aneinander klammern um zu überleben. Eine Welle tiefer Traurigkeit überrollte mich und ich habe noch im Auto deswegen sehr geweint.

Ich konnte zum ersten Mal verstehen warum sie zusammenbleiben, warum sie diese, in meinen Augen fatale, Mesalliance nicht beenden, nicht beenden können, niemals beenden werden. Sie sind wie der Blinde und der Gehbehinderte die sich gegenseitig durchs Leben helfen, sich aneinander klammern, weil sie allein nicht sehen bzw. nicht gehen können. Und da sie wohl nicht mehr aus dem Traum erwachen werden, dass ihre Behinderung echt ist, gibt es für sie nur die altbekannte Hölle.

Ich spüre Mitgefühl für meine Eltern, für ihr Schicksal und ihr Leben, dass sie sich ausgesucht haben. Ich spüre auch Bewunderung dafür, dass sie sich so ein hartes Leben ausgesucht haben, so viel härter als meins, ich fühle die Energie der höheren Selbste meiner Eltern, die mir zulächeln, sie nicken mir wohlwollend zu, sie sagen: ‚Es ist in Ordnung, wir kümmern uns um sie, du musst dich nicht mehr bestrafen, du darfst glänzen, wir erfreuen uns daran, das war unsere Absicht, unser Sinn, deinen Eltern geht es gut, in ihrer kleinen Höhle leiden sie gar nicht, sie kennen nichts anderes. Sei frei und lebe dieses Leben ganz, so wie wir es uns für dich gewünscht haben, sei dünn, sei strahlend, sei glücklich, es ist alles deins, sowieso, nichts musst du dir verdienen oder erkämpfen, du kannst einfach so alles haben was du willst.‘

Könnt ihr mir sagen, warum ich nicht abnehme?

‚Bist du gewillt die Antwort zu wissen?‘

Ja, das bin ich.

‚Du isst zu viel Falsches. Das macht den Körper schwer, erzeugt niedrige Schwingungen. Dann fühlst du dich schwer, magst dich nicht bewegen.‘

Das stimmt, ich kann es fühlen, ich esse nicht zu viel, aber oft nicht das Richtige. Aber ich kann es so oft nicht wirklich erkennen, erst hinterher, aber dann ist es zu spät.

Ich sehe mein eigenes höheres Selbst, ich frage es wie ich das besser wissen kann, was ich essen soll.

‚Ich verstehe sehr gut, dass du es meistens nicht weißt. Du bist fast nicht im Körper. Du hast zwar gelernt, deinen Magen zu fühlen, also ist das mit dem Hunger und der Sättigung schon ganz in Ordnung, aber was du essen sollst, das weiß der Magen nicht, dazu braucht es die Weisheit des ganzen Körpers. Also ist es gut, wenn du weiterhin übst deinen Körper zu bewohnen. Abgesehen davon, bzw, bis das mal besser klappt, kannst du auch einfach mich fragen. Frage mich wie du dich nach einer Speise fühlen wirst, leicht oder schwer. Denn es kommt auf vieles an, nicht die Speise an sich ist leicht oder schwer, sondern der gesamte Kontext. Also frag, dazu bin ich da. Frag mich.‘

Ok, danke dir, das mache ich.

80 Prozent

Ich fühle mich bäh.

Was will ich nicht fühlen, oder besser, was fühle ich überhaupt?

Ich stelle den Timer und lasse es reden.

Ich will endlich ankommen, ich will endlich frei sein, ich will nicht mehr leiden und kämpfen und mich schlecht fühlen und Angst haben und mich verstecken und zittern und vermeiden und fürchten und hassen.

Oh Gott, gibt es einen Weg nach draußen, dann bitte hilf mir, hilf mir es anders zu sehen.

Es ist aber gar keine Angst da, das macht mich verwirrt, orientierungslos. Wenn keine Angst da ist, was ist dann da? Wie würde mein schlankes Ich das sehen?

Es würde zu sich stehen und all seinen Eigenschaften und würde es völlig normal finden, dass manche das gut finden und manche nicht. Es würde sich deswegen keinen Deut verstecken. Es würde stahlen mit aller Leuchtkraft und Leichtigkeit.

Ich allerdings habe gerade eine ‚Ich-habe-keine-Angst‘-Angst-Attake. Das ist so schräg, dass ich lachen muss. Unglaublich was es alles gibt. Ich habe keine Angst vor dem Kurs und das macht mir Angst. Es ist so neu, ich kann es nicht einordnen.

Das ist das Stichwort. Der Verstand kommt nicht mehr mit, es braucht Vertrauen, das alles gut ist wie es ist.

Was könnte mir helfen? Ich bitte um Hilfe.

Ich höre: ‚Niemand verlangt etwas von dir, was du nicht zu geben bereit bist, so wie du bist ist es vollkommen in Ordnung, du brauchst dich nicht anzustrengen um irgendetwas Bestimmtes zu erreichen, alles ist nur ein riesiges Spiel, wie auch immer es ausgeht ist gut, es gibt kein schlecht, spiele einfach mit und freue dich daran, darum geht es! Trau dich es dir leicht zu machen, verwende keine Zeit und Energie mit Gedanken und Vorbereitungen, die völlig unnötig sind. Bist du zu diesem Zeitpunkt ausreichend vorbereitet? Ja! Hast du dir in dieser Hinsicht etwas vorzuwerfen? Nein! Wie war das? In 20 % der Zeit erreichen wir 80% des Ergebnisses, und in den restlichen 80% nur noch 20 %. Kannst du mit 80% zufrieden sein? Damit du für alles andere in deinem Leben auch noch Energie hast? Damit ein Kurs nicht alles überschattet und du im restlichen Alltag gar nicht mehr vorhanden bist? Ich frage dich nochmal: Darfst du einfach, leicht und spielerisch deine 80% geben und damit zufrieden sein?‘

Ja, ja, das darf sein, das ist meine Entscheidung, ich will es so machen wie es für mich leicht und locker geht, und ja, 80% sind völlig ausreichend, es ist für mich völlig in Ordnung, ich muss mich dafür nicht aufreiben, es darf leicht sein, leicht für mich.

Ich merke wie ich wieder in meinem Körper ankomme, wie meine Sinne zurückkehren, ich höre wieder, ich sehe wieder, ich rieche wieder, ich taste wieder ich schmecke wieder ich fühle wieder Freude und Verbundenheit mit meinen Kindern und Dankbarkeit über die vielen schönen Umstände, mein Mann, die Kinder, die Freiheit die ich habe, die Selbstbestimmung, den Raum zum Ausprobieren und Heilen, ohne Druck, ohne Not.

Völlig losgelöst von der Erde

Übermorgen ist der erste Kurs aus der neuen Serie und ich habe praktisch keine Angst. Manchmal bin ich nur etwas beunruhigt, weil ich keine Angst habe. Das darf ja nicht sein.

In der Therapie eben habe ich zwei ineinander verdrehte Stränge gesehen, einer hell und einer dunkel. Wenn ich in den hellen reingegangen bin, dann war alles leicht, die Dinge waren nicht wichtig oder schwer oder tragisch, alles war lustig, spannend und leicht. Vor allem leicht. Es fühlte sich so normal an und einfach.

Im dunklen Strang hingegen war die Leichtigkeit und die fehlende Ernsthaftigkeit eine Bedrohung, das darf nicht sein, es muss um jeden Preis bekämpft werden. Ich konnte ganz klar fühlen, dass das nicht zu mir gehört, das ist das was ich gelernt habe, habe lernen müssen. In meiner Kindheit war niemand leicht, alles war schwer, und für sie war ich mit meiner fehlenden Ernsthaftigkeit, wie sie es genannt haben, eine waschechte Bedrohung.

Im Laufe der Stunde konnte ich immer klarer fühlen, dass diese beiden Stränge nicht zusammengehören, das bin nicht alles ich, das ist nicht alles mein wahres Wesen. Ich konnte sie entwirrt nebeneinander sehen.

Diese Angst vor der Leichtigkeit ist erlernt und ich gebe ihr noch dazu einen abergläubischen Anstrich, aber das Universum bestraft mich nicht für Leichtigkeit, das waren meine Eltern.

Mein wahres Wesen ist unbekümmert, spielfreudig und leicht. Deswegen hat es mich zum Tanzen hingezogen, da konnte ich es ein Stück weit leben.

Um zu überleben habe ich es verbannt, ich habe mich zusammengezogen und eingerollt und in den oberen Oberkörper und Kopf verzogen, so klein wie möglich gemacht. Die Verbindung zur Erde habe ich so weit es geht aufgegeben.

Das wird immer deutlicher. Das kam schon früh in der Ausbildung raus, der fehlende Kontakt zum Boden, dann konnte in im Yoga noch nie das Gewicht an den Boden abgeben, in einer Übung zur Funktion des Gewichts kam raus, dass das Fett mich auf der Erde hält, wenn es weg wäre würde ich wegschweben wie ein Helium-Ballon.

Beim Versuch die Übungen aus diesem Buch zu machen, Übungen um den Körper voll und ganz zu bewohnen, wird mir übel und ich muss brechen, wenn ich versuche meine Füße zu bewohnen, nicht nur zu spüren, das kann ich gut, sondern zu bewohnen. Da ist noch so viel Widerstand gegen das Leben auf der Erde. Ich bin, wie meine Ausbilderin sagte, noch nicht vollständig auf der Erde angekommen.

Ich weiß ja wieso, aber das hilft nur ein wenig. Jetzt ist es an der Zeit mir selbst neue Erfahrungen auf der Erde zu ermöglichen, und mich hier niederzulassen, vollkommen in meinen Körper niederlassen, denn nur durch diesen Körper bin ich hier.

Und im Augenblick bin ich völlig fasziniert davon, dass den Körper zu bewohnen, etwas völlig anderes ist als den Körper zu spüren.

Ich versuche es wieder. Ich stelle mich auf die Füße und stimme mich auf mein Selbst in meinen Füßen ein. Ich spüre zwar den Bodenkontakt und trotzdem fühlt es sich so an als würde ich frei im Raum schweben. Ich versuche mich in meinen Füßen niederzulassen, mich in die Füße sinken zu lassen, sofort würgen und Übelkeit und Schwindel. Keine Worte, nur Körperempfindungen.

Ich bleibe ein wenig dabei. Ich höre: ‚Da ist noch so viel Schmerz, damit kommst du in Kontakt wenn du dein Gewicht an die Erde abgibst. Das braucht Zeit.‘

Ok, das reicht für heute.

Schöne Bilder

Es fühlt sich stimmig an einen Baustein einzuführen, den ich bisher nie beachtet habe. Visualisierung. Das Bild des Schlanken Ichs im Herzen entstehen zu lassen und es dort halten und mich daran erfreuen. Einen ganzen Tag damit erleben, das Schlanke Ich beim Aufstehen, das Schlanke Ich beim einkaufen, beim kochen, im Auto, mit dem Kindern, im Kurs, beim Wäschewaschen.

Das tut mir richtig gut, mein Herz hüpft vor Freude wenn ich mir das vorstelle und ich spüre Wärme und Weite. Das kann nicht falsch sein. Das interessanteste ist, wenn ich eine solche Reise gemacht habe und mich dann im Spiegel anschaue, dass gefalle ich mir viel besser.

Der entscheidende Unterschied in dieser Vision ist gar nicht, dass alle mich bewundernd anschauen und mir dauernd sagen, wie gut ich aussehe, im Gegenteil, alle verhalten sich mir gegenüber genaus so wie immer, sondern dass ich mich an meinem Körper erfreue. Ich erfreue mich an der Bewegung, die dann möglich ist, an der Kraft, die dann da ist, an der Wertschätzung und Liebe für meinen Körper.

Und dieses Gefühl bleibt da und breitet ich auch über mein Jetzt Ich aus.

….

Stunden später, andere Baustelle. Ich will wegziehen, zumindest weg aus Bayern und dem beschissensten Schulsystem das ich kenne. Übertritt, Notenterror, das ganze Getue, ich halte das nicht aus.

Die Botschaft, die wir damit unseren Kindern weitergeben ist: Zwing dich dazu, lauter Zeug zu machen worauf du keine Lust hast. Nur das Ergebnis zählt, die Note, das Durchkommen, das erfolgreiche Anpassen. Das ist doch wirklich zum Kotzen.

Und das allerschlimmste ist, dass ich keine richtige Alternative habe, weil alles was ich mir ausdenke so viele Menschen betrifft, die nicht alle mitmachen wollen. Und die nicht unbedingt das so sehen wie ich. Und ich selbst nicht mal weiß ob das wirklich gut wäre, oder nur eine Flucht.

….

So ein Schwinden, so eine Schwäche, als würde ich mich auflösen. Seit Stunden, es fing an, als das Auto mal wieder zickte und verstärkte sich mit den ganzen Hiobsbotschaften aus der Schule.

Ich weiß nicht war richtig ist, ich weiß nicht was zu tun ist, überall Schwierigkeiten. Kann ich das annehmen, dass es mir gerade so geht? Dass ich nicht weiß was zu tun ist, dass ich keinen guten Plan habe, dass ich was passiert nicht beeinflussen kann?

Nein. Kann ich annehmen, dass ich es nicht annehmen kann?

Ja, das geht. Was würde mein Schlankes Ich in dieser Situation tun? Diese Vorstellung hat momentan viel Kraft, sie verbindet mich mit der Liebe, das Schlanke Ich ist das erwachsene, reife Ich, das freie. Diesmal mit Betonung des Körpers.

Sie würde sich erlauben zu fühlen was sie fühlt und würde sich dafür nicht verurteilen, weil jedes Gefühl einfach nur ist.

….

Ich war noch bei einem Elternstammtisch zu dem ich nicht hingehen wollte, alle dort gertenschlank und gestylt, und ich habe mich nicht minderwertig und ausgeschlossen gefühlt, sondern einfach ganz normal zugehörig, weil ich zu der Klassengemeinschaft gehöre. Ein Riesenschritt.

Aschenputtel

Am Wochenende bittere Konfrontation mit der Realität. Ich in voller Pracht auf Video und Foto zu sehen. Ich konnte fast nicht hinschauen und war nur mit Abstrahieren beschäftigt. Um nicht richtig wahrzunehmen. Aber ich habe es trotzdem gesehen. Und ich habe auch die spontane Abneigung bemerkt, das Angewidertsein, die Scham.

Ich bin nicht anders zu nennen als dick. In meiner Vorstellung bin ich nur etwas rund, aber sicher nicht dick. Aber ich bin dick, eine dicke Frau. Gestern habe ich Tatort geschaut, da kam eine dicke Figur vor, und da habe ich realisiert, genau so dick bin ich auch, so sehe ich aus.

Was auch klar ist, ist dass ich es null angenommen habe, ich hasse mich in diesem Punkt. Klassische Pattsituation. Solange der Hass da ist, kann das Gewicht nicht gehen, und solange ich dick bin kann ich mich nicht lieben, also meinen Körper lieben.

Wenn ich das schreibe kommt mir in den Sinn, vielleicht doch, vielleicht kann ich meinen Körper einfach nur dafür lieben, dass er mein Körper ist und das alles mit mir mitmacht. Das geht. Aber anerkennen, dass das Gewicht notwendig ist, dass es mir das Leben gerettet hat, dass ich es offensichtlich immer noch brauche, das kann ich nicht.

Ich habe heute zwei Maria-Karten zu diesem Thema gezogen. Es kam Ehrlichkeit und Gesundheit. Die Karte Ehrlichkeit fordert mich dazu auf, mir meine wahren Gefühle bezüglich dieser Situation einzugestehen. Das genaue Hinschauen ist ein wesentlicher Aspekt bei der Heilung dieser Situation, steht da, und dass ich ein Recht habe auf diese Gefühle, sie sind weder richtig noch falsch.

Ich habe ein Recht auf diese Gefühle, das ist Balsam für mich. Denn genau das ist es, ich gestehe mir nicht jedes Gefühl zu, es darf nicht alles sein.

Welche Gefühle sind das?

Da ist Trauer, ich bin so traurig, dass ich so aussehe, da ist Scham, ich schäme mich für mein Gewicht, da ist Ekel, ich ekle mich vor mir, da ist Abscheu angesichts des Fetts, da ist auch Ausgegrenztsein, Anderssein, ein Versager sein, diejenige, die es nicht schafft. Alle anderen sind normal, nur ich bin dick. Warum bin gerade ich dick? Warum ich?

Das führt mich zur nächsten Frage: Wozu brauche ich immer noch das Gewicht?

Da kommt sofort: es erlaubt mir mittelmäßig zu sein, denn sonst würde der Perfektionsdiktator von mir verlangen übermenschlich zu sein.

Wenn ich dünn wäre, dann hätte ich unendlich viel Energie, ich würde liebend gerne aufräumen, ich würde mich mit allen verbunden fühlen und von vielen Menschen umgeben sein, mit denen ich gut umgehen kann, ich wäre eine geduldige, fürsorgliche und immer leistungsbereite Mutter, usw. usw. Die Superlative wollen gar nicht aufhören. Dies alles erwarte ich eigentlich von mir und das Gewicht ist da um mich zu retten. Es ist meine Ausrede.

Andererseits ist es aber auch so, dass wenn das Gewicht nicht wäre und all das wäre dann nicht so, dann hätte ich auch keinen Grund warum ich nicht gut genug sein kann, dann wäre ich konfrontiert mit der mir innewohnenden Mangelhaftigkeit, die sich durch nichts mehr erklären lässt.

Und dann ist da auch eine so starke Sehnsucht nach Beweglichkeit, Leichtigkeit, Schönheit, alles vertreten durch das Dünnsein.

Ich frage den Teil, der das Dicksein nicht akzeptieren kann. Was brauchst du von mir?

Ich brauche die Bereitschaft die volle Wahrheit zu sehen, genau so wie sie ist. Ich schütze dich nur, weil du es nicht sehen willst.

Was will ich nicht sehen?

Dass es so ist wie es ist, dass das Gewicht kein Makel ist, kein Dreck am Boden, dass nur mal weggesaugt werden müsste, sondern eine essentielle Notwendigkeit ohne die du noch nicht zurechtkommst, sonst wäre es nicht so.

Ja, das stimmt, das kann ich nicht annehmen, das treibt mir die Tränen in die Augen, wenn es so wäre dann wäre ich tief verletzt worden. Natürlich von meinen Eltern.

Und wenn das so wäre, was wäre dann?

Dann muss ich zugeben, dass sie einen Zugang zu mir gehabt haben, einen Schlüssel zu mir, dass sie mir offensichtlich mal so nahe standen, dass sie mich überhaupt so verletzen konnten.

Ja, und wenn das so wäre, was dann?

Dann wäre ich ganz schön dumm gewesen, solchen Leuten zu erlauben mir nahe zu sein.

Und wenn es so wäre, was dann?

Dann kann ich Menschen nicht einschätzen, dann kann ich mich nicht schützen, dann habe ich kein Urteilsvermögen.

Und dann?

Dann bin ich schutzlos ausgeliefert.

Und dann?

Dann vertraue ich Menschen die mir schaden und werde verletzt und vernichtet ohne Schuld.

Und dann?

Dann ist die Welt ein ungerechter Ort und es gibt keine Regel, nichts auf das man sich verlassen kann um sich zu schützen.

Ja, ich verstehe. Kannst du akzeptieren, dass wir als Menschen alle unseren ersten Bezugspersonen blind vertrauen?

Ja, das kann ich.

Kannst du akzeptieren dass das auch für dich gilt, dass du gar keine andere Option hattest?

Ja, das kann ich.

Kannst du dann sehen, dass es nicht dein Fehler war, dass sie dich so verletzt haben, sondern dass du gar keine Wahl hattest?

Ja.

Kannst du weiter sehen, dass dein Überlebensprogramm, zu dem auch das Gewicht gehört, dich zuverlässig und konsequent gerettet hat?

Ja, das kann ich.

Kannst du sehen, dass das Gewicht nicht dein Feind ist, niemals dein Feind war, sondern dein Freund, dein Helfer, dein Verbündeter?

Ja, das kann ich, es macht mich stark und schützt mich vor Verletzungen, es panzert mich, damit ich den Schwingungen der anderen nicht schutzlos ausgeliefert bin, es macht mich dicht, so dass die Energie der anderen an mir abprallt, es macht mich unempfindlich, so dass ich nicht so viel mitbekomme, weder von der Außenwelt noch von mir. Es wärmt mich auch, so dass ich niemanden brauche. Es macht mich schwer, so dass ich zur Ruhe komme.

Ja, ich die Dicke, helfe dir, so wie du mich lässt. Solange kein reifer Teil das Kommando innehat, muss ich helfen, es geht nicht anders.

Gefällt es dir denn hier? Willst du hier sein?

Ja, ich fühle mich ganz wohl.

Gehörst du hierher? Muss ich so sein?

Nein, nicht grundsätzlich, nur im Augenblick.

Das heißt, dein Platz ist grundsätzlich wo?

In dir, nicht auf dir.

Oh. Und wärest du lieber in mir als auf mir?

Na klar, auf dir zu sein ist ganz schön anstrengend, und außerdem stehe ich dann außerhalb.

Was brauchst du denn um reinzukommen?

Ich brauche Liebe, viel, viel Liebe und Vertrauen. Das ist die Priorität, dass ist die Lernaufgabe, die Liebe, stell dir die Frage viel öfter, verbinde dich mit der Liebe, mit dem Göttlichen wann immer es dir einfällt, in jeder noch so belanglosen Situation, auch wenn es ums Essen geht. Die Liebe führt in dir ein Schattendasein, das musst du akzeptieren, ein absolutes Aschenputtel ist die Liebe. Du lässt sie die Drecksarbeit machen, wenn du sie brauchst und sonst verbannst du sie in den Kamin. Du versprichst ihr alles mögliche wenn es dir gerade passt und dann denkst du nicht daran es einzulösen. Du nimmst sie immer noch nicht durchgehend ernst, du erkennst ihre überragende Wichtigkeit nicht ganz an, du hast noch Vorbehalte, du glaubst, du kannst es schnell abarbeiten und zum nächsten Schritt übergehen. Aber ich lasse mich nicht täuschen, ich bin das Klarste in dir, und nur in ein vollständig offenes Herz werde ich einziehen. Ob du das nun glaubst oder nicht, ob du das annehmen kannst oder nicht, es ist so, ganz egal was du davon hältst.

Das war jetzt deutlich, danke dafür, das braucht Zeit um zu sinken.

Der rote Faden

Ich werde mit Bällen beworfen und fühle mich verpflichtet sie alle einzusammeln. Doch es wird immer nebliger und dichter um mich, und innerlich dampft es hoch. So geht es nicht, das ist klar.

Es ist eine Entscheidung notwendig, aber ich kann sie nicht treffen. Ich weiß nicht wofür.

Was befürchtest du wenn du dich dafür entscheidest?

Dass ich überfordert werde, dass ich wieder eigentlich nicht hin will aber es nur mache, weil ich zugesagt habe.

Und was befürchtest du wenn du dich dagegen entscheidest?

Dass ich es mir zu leicht mache, und den leichten Weg gehe. Und das ist verboten.

Warum? Oder anders. Wenn du wirklich den leichten Weg gehen würdest, was wäre dann?

Das darf nicht sein.

Oh. Aber meine Frage war, wenn, was wäre dann, und nicht ob das sein darf oder nicht.

Das wäre ja unverschämt leicht, dann wäre das Leben ja mühelos, das erfolgreiche Leben mühelos, das darf nicht sein.

Auf dieses darf nicht sein bestehst du ja, oder? Darf das niemand oder nur sie?

Nur sie.

Warum?

Weil sie nicht mehr sein darf als ihre Eltern. Ihre Eltern mühen sich herum und sind nicht erfolgreich, da darf sie doch nicht erfolgreich sein auf mühelose Art.

Und wenn sie es wäre, was wäre dann?

Dann wäre das Leben nicht mehr schwer.

Gibt es denn irgendeinen echten Grund, warum sie nicht mühelos leben darf?

Nein. Es ist nur in der Welt aus der sie kommt undenkbar. Alles dort war schwer, alles mit unglaublicher Anstrengung verbunden, in ihrem Leben, in der ganzen Familie, in der Familiengeschichte und im diktatorischen politischen System. Leicht gab es nicht. Leicht war keine Option. Leicht war infolgedessen verpönt, eine gesamtgesellschaftliche Schutzreaktion. Jeder Atemzug kostete Anstrengung und alles musste überwacht und kontrolliert werden, Fehler hatten fatale Folgen.

Puh, ich kann die Schwere spüren, die Tonnen, die mich belasten, das Gewicht ist eine Manifestation davon, das ist glasklar, erst im September habe ich bei der Familienrekonstruktion die Frage gestellt: Kommt die Last, die mich so niederdrückt aus meiner Familie? Eine Teilantwort habe ich da bekommen, aber jetzt sehe ich das ganze Bild.

So, nun steht es mir frei mich dagegen zu entscheiden. Und dafür?

Das ist noch belastet, von der Angst vor Überforderung, und vor dieser furchtbaren Zeit, die ich dann habe, mit Übergeben, Panikattacken usw.

Es ist dann auch einfach so, da gibt es nichts zu hinterfragen.

Was sagt mir das was ich nicht will über das was ich will? Das habe ich aus einem Video von Teal Swan, fand das eine sehr interessante Frage, gerade in meinem Fall des chronischen Nichtwissens.

Ich will diese Zustände nicht, die sind überfordernd, als würde ich mich selbst zwingen, knechten und vergewaltigen. Was will ich dann?

Ich will mich nicht knechten, zwingen und übergehen. Ja, das ist es, ich will nur den Schritt machen der mir möglich ist, mit Rücksicht auf mich, auf das was ist.

Wenn ich mehr von mir verlange, als ich geben kann, ohne in die Überforderung zu kommen, dann mache ich das was ich soll, das schon, aber ich bleibe im System, ich bleibe im Modus des Zwangs, in dem ich mein Leben lang schon stecke.

Die ganze Gesellschaft, spätestens seit Beginn der Schulzeit lehrt uns mit Hartnäckigkeit nur eins: wir sollen das machen was verlangt wird, und wenn wir es nicht können, dann sollen wir gefälligst lernen uns besser zusammenzureißen und besser zu übergehen. Und die, die es immer noch nicht können, waren gestern die Versager und bekommen heute Drogen im Kindesalter um die nötige Leistung zu erbringen. Wer die Kraft nicht aufbringt sich ordentlich zu übergehen, dem wird mit Mitteln geholfen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Und so viele denken sich rein gar nichts dabei.

Wäre ich heute ein Kind, würde ich das sicher nicht bekommen, denn ich habe das ganz famos hinbekommen mich zu übergehen.

Sicher verlangt die Ausbildung sehr viele Praktikumsstunden, aber entweder es ist mir möglich sie auf eine mühelose Art abzuleisten, oder ich leiste sie gar nicht. So fühlt es sich gut an.

Das ist ja ein verwegener Entschluss, aber goldrichtig. Entweder es geht auf eine mühelose Art oder gar nicht, ich will nicht noch mehr Zwang und Aushalten und Durchhalten in meinem Leben. Das hatte ich zuhauf und es hat mich nirgendwo hingebracht, noch nicht einmal beruflich.

Das ist so ähnlich wie damals, als ich in Männerdingen beschlossen habe, entweder ich finde einen, der mich wundervoll findet genau so wie ich bin, oder ich will keinen. Auf eine Beziehung in der ich das Gefühl habe nicht richtig zu sein und mich ständig dazu anhalten muss dieses von mir Verlangte zu tun, will ich nie wieder haben. Eigentlich habe ich damals genau diesen Entschluss schon getroffen, entweder es geht leicht und mühelos, oder gar nicht.

Aber natürlich, dass mir das jetzt erst auffällt. Das ist der rote Faden, darum geht es bei mir, das ist meine Lernaufgabe. Mühelosigkeit und Leichtigkeit in allen Bereichen und allen Facetten.

Der richtige Weg für mich ist leicht. Organisch und mühelos. Aus Leidenschaft. Aus Freude und Lust. Ohne Durchhalten. Ohne Aushalten. Ohne Zwang.

Ich darf der Mühelosigkeit vertrauen, sie will mich nicht einlullen und in den Stillstand führen, wie das Herkunftssystem es glaubt, nein, im Gegenteil, für mich ist sie die reine Expansion, meine Richtung, meine Lebensaufgabe, mein roter Faden.

Und da wir gerade dabei sind, die letzten Tage bin ich schon der Leidenschaft gefolgt und habe mir diese Tasche genäht. Alles ganz mühelos. Weil mir das Spaß macht.

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Wolken voll Traurigkeit

In mir ist Weinen. Ein nach innen gerichtetes Weinen. Als würde mein innerer Körper weinen. Ich spüre das im Kopf und in der Brust.

Ich bin bei dir. Wir können da hinein tauchen wenn du willst.

Ja, ich will.

Es fließt nach unten, als würde ich innerlich davon schmelzen. Es rollt sich auch vertikal ein. Nach unten und nach innen. Es kommt eine Welle extremer Müdigkeit, dann Tränen, dann krampft der Magen. Druck im Kopf, dann wieder Tränen.

Alles in mir wird flüssig, als wäre ein See in mir, und dieser See ist aus Traurigkeit, unendlich viel Traurigkeit.

Habe ich dieses Gefühl früher schon mal gefühlt?

Ich sehe Szenen aus meinen Zwanzigern, als ich im Nachtleben exzessiv das Leben gesucht habe, aber darunter eigentlich tief traurig war. Ich spüre dieses tiefe Gefühl von damals, und auch dass es damals zu bedrohlich war, es durfte nicht sein.

Habe ich das früher schon mal gefühlt?

Ich sehe meine Großeltern, sie sind voller Trauer, es ist als hätte ich ihre Trauer übernommen. Ich mache ein kleines Ritual und gebe ihnen die Trauer zurück. Das berührt mich sehr.

Habe ich das noch früher schon mal gefühlt?

Ich sehe den Jungen aus dem Kindergarten, der damals beim großen Erdbeben gestorben ist, ich sehe in seine ernsten Augen, damals konnte ich nicht trauern, alles war zu bedrohlich, ich war ganz alleine damit, wie ich immer emotional völlig verlassen war, jetzt kann ich das, der Damm ist gebrochen, die Tränen fließen nur so. Das tut gut.

Es klart auf innerlich, es wird heller und wärmer, die Wolken der Traurigkeit haben für den Moment alles abgeregnet.

Ich bin bei dir, egal was passiert

Unterwegs zum samstäglichen Einkauf. Spannung, Unruhe, der Laden in dem ich einkaufe ist umgezogen, die Parkplatzsituation hat sich verschlechtert. Das ist der Auslöser.

Ich nehme mich an die Hand und bin bei mir, lass mich nicht alleine, es hilft, die Unruhe ist zwar noch da, aber sie überwältigt mich nicht mehr. Ich brauche zur Zeit einen konstanten Beistand, jedesmal wenn ich mich erinnere nehme ich mich an die Hand. Das scheint das Einzige zu sein wonach die verlorenen Teile in mir verlangen. Sobald die Hand da ist, können sie sich daran ganz fest halten und das Leben wird lebbar. Das ist schon mal was.

Ich habe keinen Parkplatz gefunden, ich laufe mit den schweren Tüten den ganzen Weg zum Auto. Wut ist da.

Das ist schlimm für dich oder?

Ja! Es sollte nicht so schwer sein.

Was sollte nicht so schwer sein?

Alles, das Leben.

Oh, das ganze Leben also, kannst du es genauer sagen?

Es sollte nicht so schwer sein den Tag ohne Strafe zu überstehen, es sollte nicht so schwer sein sich sicher zu fühlen, es sollte nicht so schwer sein sich richtig zu fühlen, es sollte nicht so schwer sein verstanden und gesehen zu werden. Es sollte nicht so schwer sein unterstützt zu werden. Es sollte nicht so schwer sein gehalten zu werden.

Oh mein Gott, du hast absolut recht, es sollte nicht so schwer sein. Und es war schwer für dich?

Nicht nur schwer, sondern unerreichbar. Ich habe mich angestrengt, alles gegeben, alles ausgehalten, und es war umsonst, es war nie soweit, es ist nie eingetroffen, die Sicherheit, die Unterstützung, die Liebe, das Richtig-Sein.

Ich breite meine Armen aus und umarme dieses Kind. Das alles braucht sie noch und nur durch mich kann sie es bekommen. Ich muss auch nicht perfekt sein, es reicht darauf ausgerichtet und bereit zu sein.

Ich komme mir den Einkäufen nach Hause. Es sieht aus hier, ich versuche alles einzuräumen während alle anderen in die Küche kommen, sich was zu essen machen, herumbröseln und alles stehen lassen. Wut ist da. Große Wut.

Das ist so gemein, so unglaublich gemein, ungerecht.

Was ist ungerecht?

Dass ich nicht zähle, dass mir niemand hilft, dass es allen völlig egal ist wie ich mich fühle.

Hast du das Gefühl früher schon mal gefühlt?

Ich sehe mein ganzes Leben rückwärts vorbeiziehen, das war immer da, in dieses Gefühl bin ich hineingeboren. Ich zähle nicht, meine Gefühle und Wünsche zählen nicht, solange sie mit den Wünschen und Vorstellungen der anderen kollidieren.

Ich sehe mich als Baby weinen, meine Mutter voller Panik hat nur eins im Sinn, ich soll endlich aufhören, sie erträgt es nicht, was ich habe interessiert sie nicht wirklich, nur unter dem Aspekt ob es ihr hilft mich zum Schweigen zu bringen.

Ich sehen mich als 2,5jährige bei meinen Großeltern, dort hatten mich meine Eltern für rund sechs Monate abgeladen, weil meine Mutter arbeiten wollte. Am Wochenende kam sie immer, sie ging jeden Sonntag wenn ich schon schlief, ohne sich zu verabschieden, und versicherte mir immer, ich könne ruhig schlafen, sie würde nicht gehen. Sie hat mich eiskalt immer angelogen, damit sie es nicht aushalten muss, dass ich weine wenn sie geht. Meine Oma erzählt es gern als lustige Anekdote, dass ich montags beim Aufwachen gern gesagt habe: Schau mal an, diese ausgefuchste Mutter hat mich schon wieder reingelegt (versuche das sinngemäß zu übersetzen).

Ja, hier geht es um meine Mutter, alles was sie nicht ertragen konnte, und das war viel, durfte es bei mir nicht geben. Kein Leistungsturnen weil meine Mutter Angst hatte, dauernd tausend Klamotten, weil meine Mutter fror, das Essen, dass meine Mutter für richtig hielt wurde mir reingestopft.

Und dabei fühle ich ganz deutlich, das was ich mitgenommen habe geht weit darüber hinaus, dass ich nicht so sein darf wie ich bin. So wie ich bin, bin ich böse, ich tue etwas Schlechtes indem ich meinen Vorlieben und Bedürfnissen folge, denn es ist schlecht so zu sein. Genau das war es. So habe ich mich ein Leben lang gefühlt.

Und du, die das so ungerecht findest, du Wut, du warst und bist schon immer auf meiner Seite, du hast mir geholfen, dass sie mich nicht völlig auslöschen konnte, du hast die Fahne hochgehalten für alle Teile, die nicht erwünscht waren und hast tapfer und ausdauernd dieses Gefühl der himmelschreienden Ungerechtigkeit verursacht, weil es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ist! Ich verstehe das endlich, ich danke dir sehr dafür.

Das alles wurde mir gezeigt, hat sich offenbart einfach nur weil ich mich nicht verlassen habe.

Wir sind alle verlassen worden, man hat uns mit uns allein gelassen, zu einer Zeit, als wir allein nicht überlebensfähig waren. Weil aber Leben viel tut um zu leben, haben wir uns abgespalten um die tödliche Überwältigung nicht zu spüren.

Wieviel Hoffnung und Zuversicht das doch in sich trägt! Obwohl das Leben weiß, was diese Abspaltung langfristig für Konsequenzen hat, entscheidet es sich trotzdem dafür, weil es offensichtlich der Meinung ist, dass es geheilt werden kann. Sonst würde es keinen Sinn ergeben. Das Leben will nicht dass wir vor uns hin vegetieren.

Deswegen schickt es uns Situationen, die diese Anteile heilen sollen. Denn sie können nur geheilt werden, wenn das Gefühl mit Beistand gefühlt wird. Der Beistand ist hier essentiell. Alleine und verlassen fühlen hat keinen Wert. Heilsam ist es nur, wenn jemand da ist der uns begleitet, was auch immer kommt. Der uns nicht verlässt. Und nichts von uns will. Und uns nicht anders haben will.

Das Leben will das wir das können. Uns beizustehen komme was wolle, bei uns zu bleiben ohne uns ändern oder verbessern zu wollen, bis wir gelernt haben uns bedingungslos zu lieben. Bedinungslose Liebe ist bedingungsloser Beistand ohne Erwartungen. Ich bin bei dir, egal was passiert.

Das ist es was alle Kinder brauchen.

Mit Kompass im Puzzleteilchenberg

Was nährt mich? Habe ich gerade bei Comfortqueen gelesen. Wieder Druck, ich weiß es nicht, immer noch nicht. Vor einigen Tagen habe ich versucht ebenfalls so eine Liste zu erstellen, aber mit fällt original nichts ein.

Entweder ich weiß es nicht oder ich bemerke es nicht, das bleibt noch herauszufinden. Wahrscheinlich etwas von beidem.

Noch mehr Nichtwissen. Dabei bin ich heute wieder sehr am schwinden und drehen. Ich merke, ich kann keine Entscheidung treffen, nicht die allerkleinste, unter anderem weil ich vorher schon wissen möchte, dass ich richtig liege.

Auch das gehört zu der Vermeidung von Verpflichtung und Einsatz. Dabei verpflichte ich mich der Nichtverpflichtung. Und nicht entscheiden ist auch eine Entscheidung. Wie ich es drehe, ich komme da nicht raus. Entweder entscheiden die Muster oder ich. Aber entschieden wird sowieso.

Jetzt ist Zeit fürs Ballett. Ich hadere mal wieder. Will unbedingt hin und will überhaupt nicht hin, nie mehr. Ich lasse mal alle Teile sprechen. Es ist das einzig Verbindende was mir einfällt.

  • Ich will hin weil es zu der To-do-Liste gehört
  • Ich will hin um fit zu bleiben
  • Ich will hin weil es gut tut
  • Ich will nicht hin, weil ich nirgendwo hin will

Du, die nirgendwo hin will, was brauchst du damit du mitkommen kannst? ‚Du musst mir versprechen, dass du mich nicht alleine lässt und dass du nicht über mich drüber gehst, dass ich aufhören darf wenn ich nicht mehr kann.‘ Ok, das verspreche ich.

..

Zurück. Es war gut, hat einfach gut getan, Ballett ist eine Ressource, ist vielleicht etwas was ich auf meine Liste schreiben kann, aber nur, wenn ich nicht einfach weitermache, koste es was es wolle. Ich musste mich heute viele Male erinnern, dass ich auch die Option habe weniger zu machen um mich immer noch gut zu fühlen, das ging auch, trotzdem ist da ein Kritiker, der meint, so wird das nichts, das war ja gar nichts, so mit halber Kraft. Aber dem geht es um Trainingsergebnisse, nicht um das Wohlfühlen.

Ich bin seit zwei Tagen total offen, verletzbar, sofort am Weinen, ich fühle ganz intensiv, dadurch wird mir ständig Neues bewusst. Ein Teil zweifelt schon wieder, ob es nicht zu viele Erkenntnisse und Einsichten sind, ob ich das überhaupt verarbeiten kann. Doch sie kommen einfach, das wird schon seine Richtigkeit haben, die Quelle, die sie mir schickt ist unendlich viel weiser als irgendein Teil von mir.

Was befürchtest du? ‚Ich habe Angst, dass sie das nicht mehr ordentlich sortieren kann und alles durcheinanderbringt und wieder vergisst.‘

Oh, ich verstehe dich, was brauchst du denn? ‚Wenn sie alles aufschreibt kann sie es später nochmal lesen, wenn sie es vergessen hat.‘ Geht klar, das mache ich eh.

Was ich nämlich in aller Klarheit fühlen kann ist, dass meine Bedürfnisse gar nicht erst auftauchen sollen, sie müssen sich verstecken, besonders wenn ich Termine habe. Das gilt auch für noch so freiwillige Termine.

So habe ich vorhin gedacht, oh heute mag ich gar keinen Smoothie, macht nichts (weil der Spinat nicht so lange frisch bleibt), vielleicht mag ich ihn morgen. Sofort kam dann: ‚Nein, das geht nicht, da habe ich Praktikum, da kann ich mir keinen Smoothie machen.‘

Aha. Ich muss um 12 Uhr los. Jede Menge Zeit eigentlich. Aber nein, es ist undenkbar. Baden, Yoga, egal was ich mir vorstelle was ich für mich tun könnte, geht nicht. Und ich habe nicht die allergeringste Ahnung wieso. Das Gefühl sagt ganz deutlich nein.

Ok, warum kann sie sich keinen Smoothie machen?

Kann sie schon, das Machen ist kein Problem, aber es hat keinen Wert für sie.

Warum?

Weil sie ihn nicht genießen kann.

Warum?

Weil sie nicht entspannen kann.

Warum?

Weil sie einen Termin hat. Solange sie noch irgendwo hin muss oder noch etwas Unverschiebbares machen muss, kann sie nicht entspannen.

Wenn sie es täte was wäre dann? Ohne die Antwort abzuwarten kommen Bilder, ich sehe mich entspannt in der Badewanne liegen, dann mit dieser Entspanntheit das Haus verlassen. Das geht, dann kommt das nein. Aha, dann wäre sie bei dem Termin vielleicht auch entspannt?

Ja, das darf nicht sein.

Wie soll sie denn sein?

Auf der Hut, in Hab-Acht -Stellung.

Weil?

Weil sie vielleicht blitzschnell reagieren muss, sich verteidigen muss, um ihr Leben kämpfen muss.

Muss sie wirklich wenn sie zu einer Informationsveranstaltung geht, zum Praktikum oder mit den Kindern zum Eislaufen, muss sie da um ihr Leben kämpfen?

Nein, nicht wirklich, aber es fühlt sich so an. Leute waren all die Jahre die allerhöchste Gefahr. Es war wichtig die höchste Stufe der Alarmbereitschaft aufrechtzuerhalten.

Ja, das verstehe ich gut, das war absolut notwendig und du hast es auch zuverlässig und beständig gemacht, ich danke dir dass du so gut aufgepasst hast. Was brauchst du von mir?

Ich brauche deine Präsenz, du musst bei mir bleiben und mich beruhigen wenn ich wieder hochfahre, mir aufzeigen, dass keine Gefahr besteht, von alleine kann ich das (noch) nicht sehen.

Oh, wow, danke für diese Information, das mache ich.

Der Weg wird immer konkreter, all diese Teile, die in ihrer jeweiligen Zeit hängengeblieben sind und das immergleiche Programm abspulen müssen einzeln gefunden, eingesammelt, verstanden, getröstet und beruhigt werden, damit sie, wenn sie das bekommen haben, was sie seit Jahrzehnten vermissen sich zur Ruhe setzen können.

Und der Kompass durch diesen Haufen Puzzleteilchen sind die Gefühle. Sie zeigen sofort an, wenn ein Teilchen zum Finden bereitsteht. Nur dann kann es gefunden werden. Deswegen bereiten manche Sachen, die seit Jahren funktionieren, auf einmal Probleme, weil die Puzzleteilchen nun gefunden werden können. Nicht weil alles immer schlimmer wird und ich gar nicht lebensfähig bin.

Die Problematik, die sich jetzt zeigt, bestand schon sehr lange, nur war sie komplett weggedrückt, weil das Funktionieren Priorität hatte. Nun bröckelt diese Priorität immer mehr, also können all die überschminkten Wunden sichtbar werden.

Und noch etwas. Ich brauche gar nicht mehr zu wissen als das was gerade ist. Denn alles entfaltet sich auf vollkommene Art und Weise und immer für uns, nicht gegen uns. Das Leben liebt uns alle.

Missing Link

Ich fühle mich ausgewrugen, von allen Seiten gequetscht.

Die Arbeit von gestern wirkt noch sehr nach, und dann ist im Außen etwas passiert, was genau das triggert, was ich am meisten fürchte, die Reaktionen der Anderen. Allein zu schreiben, dass ich die Reaktionen der Anderen am meisten fürchte, treibt mir die Tränen in die Augen, ich hatte immer ein Überlebensprogramm das sagte: Was die Anderen denken ist egal. Ich habe gar nicht gewusst, dass ich die Anderen am meisten fürchte.

Ich stelle mir den Wecker und fühle. Wann habe ich dieses Gefühl früher schon mal gefühlt? Es kommt ein Bild, ich sitze im Buss in Bonn, dort sind wir als erstes gewesen in Deutschland, ich fühle mich genau so wie jetzt, traurig, verwirrt, nicht wissend, gequetscht und esse ein Mars dagegen an.

Wann habe ich dieses Gefühl noch früher schon mal gefühlt? Ich sehe mich im Kindergarten, ich sitze stumm da und verweigere alles, ich spreche nicht, esse nicht, mache nichts. Da habe ich mich also auch so gefühlt, da gehe ich in die totale Abschottung, die anderen sind ja da.

Wann habe ich das noch früher schon mal gefühlt? Ich sehe mich als Krabbelkind auf dem Boden sitzen, lauter Beine um mich rum, totale Verwirrung was die alle von mir wollen, wie ich da wieder rauskomme, ich fühle etwas, ich kann es kaum beschreiben, ich bleibe dabei, jetzt weiß ich es, ich fühle mich allein, getrennt, ich bin allein, niemand ist auf meiner Seite, ich gehöre zu niemandem.

Was für ein vertrautes Gefühl, und doch so unbekannt. Ich bin allein. Niemand ist auf meiner Seite. Ich gehöre zu niemandem.

Ich gehe zu diesem Kind auf dem Boden, setzte mich zu ihm und biete ihm meine Arme an. Es krabbelt zu mir und kuschelt sich in meine Arme, während ihm stumme große Tränen über die Wangen fließen.

Das ist noch ein Zahnrädchen, ein bisher fehlendes Zahnrädchen. ‚Ich bin allein‘ greift in das Zahnrädchen ‚Das ist überwältigend, allein kann ich nicht überleben‘, geht dann über zu ‚Wenn ich den Anforderungen genüge, gehöre ich dazu‘, dass wiederum verbindet sich mit ‚Ich kann niemals die Anforderungen erfüllen, denn ich kann nicht perfekt sein, nichts weniger als das wird von mir verlangt‘, und dann wird das nächste Rädchen in Gang gesetzt, ‚Wenn ich es nicht schaffe droht Unheil, Verderben und Tod‘, dann ‚alle sind gegen mich und warten auf meinen Fehler, Menschen sind gefährlich‘ und schließlich ‚am Besten ich habe mit niemandem etwas zu tun, dann kann ich dem vielleicht entkommen, allein bin ich sowieso, die anderen sind gefährlicher als das Alleinsein‘

Alles passt zusammen wie geölt, das ist das Zusammenspiel. Ich bin ganz geplättet.

Ein Grundgefühl des Alleinseins, dass ein Kind nicht ertragen kann, dann der Versuch sich die Verbindung über die herrschenden Spielregeln zu holen, besonders brutale, meine Therapeutin nennt sie Nazi-Spielregeln, die Anforderungen sind nicht zu schaffen, es wird nur auf eine Gelegenheit zur Bestrafung gewartet, und die kommt automatisch. Als Folge Angst vor der ganzen Menschheit, automatische, prophylaktische Angst, weil angenommen wird, dass alle nach genau den gleichen Spielregeln spielen.

Ich bin froh, unter Tränen froh, dass ich dieses dunkle Loch endlich fühlen kann, mit selbst dabei beistehen kann.

Auf einmal kommt ein Bild, ein Licht, es gab zwei Menschen in meiner Kindheit, die mein Licht waren, bei ihnen galten diese Regeln nicht. Das ist der Grund warum ich in einem sehr kleinen Rahmen einzelnen Menschen vertrauen kann, wenn ich sie sehr, sehr gut kenne und weiß, dass sie mich nicht ändern wollen, dass sie alles an mir akzeptieren.

Dieser kleine Teil, der sich verbinden kann, der eine Bindung eingehen kann ist heil. Aber der große Rest von mir, vermeidet Bindung, scheut Verbindung, will keine Verpflichtung.

Oh mein Gott, die Groschen fallen heute aber heftig. Natürlich, keine Verpflichtung, keine Bindung, das Muster verselbstständigt sich und nimmt in unterschiedlichen Bereichen verschiedene Formen an.

Die Vorgaben sind fast unerreichbar, entweder ich schaffe sie nicht und muss Vernichtung fürchten oder ich schaffe sie unter Aufbietung all meiner Kräfte, mit den allerletzten Energiereserven. Das schwappt über auf alles. Also einfach keine Aufgaben übernehmen, dann bin ich auf der sicheren Seite, oder wenn es doch irgendwie sein muss, dann innerlich distanziert bleiben, dann brauchen mich Vorgaben und deren Erfüllung nicht zu interessieren.

Selbst wenn ich äußerlich Verantwortung übernehme, dann übernehme ich nicht wirklich die Verantwortung.

Also, ich mache das äußerlich, ich vollziehe die Handlung, aber ich bleibe gefühlsmäßig draußen. Bin nicht involviert. Versuche mich in die Gleichgültigkeit zu retten. Ist mir egal wie es wird, im Zweifel habe ich damit nichts mehr zu tun, mich trennen von Dingen und auch Menschen fällt mir leicht, das kann ich gut.

Schon Termine sind unerträglich. Unangenehm weil es eine Verpflichtung ist zu einer bestimmten Zeit irgendwo zu sein. Vorgabe ist: nicht zu spät kommen, nicht verpassen, dort das absolut Richtige tun. Sonst Vernichtung.

Genau so wie Hausarbeit. Das perfekt saubere und perfekt eingerichtete Haus, mit dem perfekten Garten ist nicht erreichbar, also geht es mich innerlich nichts an. Wenn ich anfange das Ziel anzuvisieren, spüre ich schon die totale Überforderung, das würde mich die letzte Kraft kosten und wäre doch unerreichbar. Also fühle ich mich dafür nicht verantwortlich, ich bin gefühlsmäßig nicht involviert. Ich dachte es liegt am Haus, aber nein, es liegt daran, dass ich eine solche Bindung (noch) nicht eingehen kann. Dazu müsste es erlaubt sein die Stroh zu Gold Vorgaben fallen zu lassen.

Noch undenkbar. Natürlich weiß ich das kopfmäßig, aber mein Gefühl hält daran fest. Es will nichts anderes als in Ordnung akzeptieren als das Ideale, Perfekte, Makellose. Alles andere ist bäh. Also ist so ziemlich alles bäh in meinem Leben, den nichts entspricht diesen Anforderungen.

Ich lebe auf fast allen Ebenen im Provisorium, immer bereit zu gehen, immer mit gepackten Koffern. Mein Mann und meine Kinder sind da ausgenommen. Mein Mann ist unter anderem deswegen mein Mann, weil er durch seine Art diese Problematik nicht antriggert. Und inzwischen kenne ich ihn so gut, dass er über diese Grenze gehen durfte, an ihn habe ich mich gebunden, und an meine Kinder auch. Die Perfektions-Anforderungen gelten für sie nicht.

Ich kann das fühlen, den Unterschied. Das Gebundensein. Das ist schön und ich bin sehr froh darüber, es gibt einen heilen Teil in mir. Es ist möglich.

Es fallen mir noch jede menge Bereiche ein, in denen dieses Uhrwerk tickt. Beruf: verschiedene Ausbildungen, Studium, aber keine Entscheidung für einen Beruf.

Wenn Beruf, am liebsten etwas ohne andere Menschen, das ist sicherer, aber so langweilt mich das total.

Von Menschen geht die Gefahr aus. Eine Welt ohne Menschen ist sicher. Und warum? Ich muss das für mich ein paar Mal wiederholen weil es so wichtig ist.

Weil ich alleine bin und niemand auf meiner Seite ist, weil alle Menschen nur darauf warten, dass ich die Vorgaben nicht erfülle um mich zu vernichten, weil die Vorgaben so schwer bis gar nicht zu erfüllen sind, dass ich, sollte ich es schaffen, dabei völlig aufgebraucht bin, drohe vor Erschöpfung zu sterben. Denn ich weiß es gibt keine Gnade, niemand wird mich erlösen, einfach nur weil ich nicht mehr kann, ich muss weitermachen bis ich zusammenbreche oder zugebe dass ich es nicht schaffe und brav meine Bestrafung ertrage.

In dieser Welt gibt es keine Liebe. Das tut gut es aufzuschreiben, immer und immer wieder. Es wird für mich jedes Mal ein wenig klarer.

Und ich merke auch, dass ich in dieser Welt nicht leben will, nicht leben muss. Ich habe auch eine andere Welt kennengelernt. Ich kann wählen, aber nur vorausgesetzt ich bemerke es. Und ich weiß was überhaupt los ist. Das war bis heute nicht der Fall. Klar kenne ich im Prinzip alle Teilchen, aber das Gesamtbild wollte trotzdem nicht entstehen.

Bis ich das Alleinsein fühlen konnte, dieses erbärmliche, bedrohliche Alleinsein, dessen Vermeidung alles weitere in Gang setzte. Das Alleinsein war das Missing Link. Danke, dass es sich gezeigt hat.