Shift

Die erste Stunde des Tages ist rum, Kinder sind zur Schule aufgebrochen, die zwei Kleinen sind krank zuhause. Jetzt erst, als Ruhe einkehrt und ich vor meinem Tee sitze, fällt mir die Frage wieder ein: ‚Was lässt mich gut fühlen?‘

Bisher nichts, auch im Augenblick nicht. Ich verbinde mich mit der Sehnsuchtsmutter und in der Tat, dann fühle ich mich gut, wärmer und weicher und weiter. Ich spüre die Liebe in mir. Sofort merke ich, dass ich unglaublich müde bin, und ich mich am besten gleich wieder hinlege.

Von den äußeren Bedingungen spricht nichts dagegen, und doch etwas hält mich am Stuhl kleben. Ich verbinde mich erneut, dieses etwas hat mich rausgehauen, im Licht der Liebe wird klar, das dem ein Verbot entgegensteht, ein Verbot der Kategorie ‚das macht man nicht‘.

Die Liebe umarmt diesen Teil, und sagt: ‚Ja, ich weiß, dass du denkst, es sei verboten, aber so ein Verbot existiert nicht wirklich, es ist eine Illusion. Oder fällt dir ein stichhaltiger, konkreter Grund ein, warum sie sich nicht hinlegen kann?‘ Nein, da ist kein konkreter Grund.

Ich spüre nun die volle Erlaubnis mich hinzulegen.

Ich habe original fast vier Stunden geschlafen, bis die Kinder aus der Schule gekommen sind. Gut die erste Stunde zählt vielleicht nicht, weil mich die kleinen alle 5 Minuten geweckt haben, weil sie dies und jenes noch brauchten, aber irgendwann haben sie sich zum Spielen verzogen und ich bin in einen tiefen Schlaf gefallen.

Mitten drin wurde es lauter, ich bin kurz aufgewacht, schaue auf die Uhr, denke, oh, so spät, ich sollte aufstehen, dann aber nein, ich bleibe noch kurz liegen, drehe mich auf die andere Seite um und spüre eine starke Erleichterung und ein Wohlgefühl. Notiere im Einschlafen, weiterschlafen lässt mich gut fühlen.

Inzwischen sitze ich am Schreibtisch, schiebe alles vor mir her und weiß trotzdem nichts mit der Zeit anzufangen und fühle mich nicht gut. Eng und unter Spannung. Ich will das gar nicht haben.

Ich verbinde mich und unter der Wärme der Liebe öffnet sich die Enge wie eine Seerose und offenbart sich als großes Bedürfnis nach Trost. Ich umarme mich innerlich und tröste mich. Ich fühle mich körperlich angeschlagen, das ist für mich schwer zu ertragen. Deswegen brauche ich Trost.

Ich glaube bei mir ist eine Verlagerung passiert, ein ’shift‘ wie Robert Holden sagt (ich habe das Buch mit diesem Titel gar nicht gelesen, nur passt das Wort so gut auf meinen Zustand). Während ich früher bei jedem Unwohlsein mitten hineingesprungen bin, und mich in einem Strudel wiederfand aus dem ich nur mit viel Zeit und Einsatz wieder herausfand, so steht mir heute eine kürzere und liebevollere Variante zur Verfügung.

Wenn ich mich zuerst mit der Liebe verbinde, dann strahlt sie durch das Unwohlsein hindurch und um das Unwohlsein herum, so dass erstens offenbart wird worum es geht, und es zweitens gleichzeitig automatisch bekommt was es braucht. Auch wenn es noch da ist, es ist jetzt liebevoll versorgt und aufgenommen, ich fühle mich ein Stück mehr vollständig.

-Mit der ganzen Kraft der Liebe bei meinem Unwohlsein zu sein, dass lässt mich gut fühlen.

-Mir liebevoll zu erlauben was ist, das lässt mich gut fühlen.

-Mich liebevoll zu begleiten, dass lässt mich gut fühlen.

-Mich zu fragen was jemand tun würde, der sich selbst liebt, dass lässt mich gut fühlen.

Bisher konnte ich keine einzige Handlung oder Begebenheit identifizieren, die an sich für mich gut ist. Es kommt darauf an durch welche Brille ich sie anschaue.

Ich brauche das Experiment nicht weiterzumachen, das Ergebnis ist eindeutig. Selbst eine totale Euphorie fühlt sich nicht gut an wenn sie nicht mit der Liebe verbunden ist. Das was mich gut fühlen lässt ist mich mit der Liebe zu verbinden.

Ich habe mich immer gefragt, warum mich euphorische Glückszustände anstrengen und im Essanfall enden um mich wieder runterzubringen.

Heute bekam ich die Antwort. Ich hatte zwischendrin so einen freudigen Rauschzustand, hochenergetisch, aufgedreht, aber gut habe ich mich dabei nicht gefühlt, eher getrieben, unter Spannung, wie an eine Starkstromsteckdose angeschlossen.

Dann habe ich mich verbunden, und konnte mir dabei liebevoll beistehen, mich selbst begleiten, mit einem verständnisvollen Lächeln, und sofort fühlte sich das gleiche Gefühl gut an, das Getriebene war weg.

Eigentlich wollte ich heute ein wenig mehr herausfinden was ich mag oder nicht, stattdessen habe ich herausgefunden, dass nur in der Selbstliebe das Wohlgefühl liegt, besser gesagt, in der Haltung und der Handlung, die aus der Selbstliebe entspringt. Denn wenn die Liebe will, dass ich mich hinlege, ich das zwar wahrnehme aber nicht tue, dann falle ich automatisch aus der Selbstliebe raus, und ich kann zuschauen wie Spannung und Unwohlsein zunehmen.

Ich habe nun drei Möglichkeiten mich mit der Liebe zu verbinden, je nachdem welche gerade zugänglicher ist. Ich kann mich emotional direkt mit dem Gefühl verbinden, das geht nicht sehr oft, ich kann mich über das Bild der Sehnsuchtsmutter verbinden, geht oft aber nicht immer und nun habe ich noch die Frage, bisher geht die immer. Hurra! Danke!

Und was würde jemand der sich selbst liebt an meiner Stelle jetzt tun? Er würde die Küche aufräumen, das ploppt sofort auf. Die Liebe will, dass meine Umgebung schön ist, damit ich mich wohlfühle. Na dann, dem kann ich nur folgen.

Das warme Gefühl in meiner Brust breitet sich aus, ich bin ganz berührt davon, dass die Liebe sich so gut um mich kümmert und an alles denkt, auch an so etwas wie die Küche.