Ich will nicht!

Viel mehr als mit Angst, bin ich diesmal angesichts der anstehenden Aufgaben mit totalem Unwillen in Kontakt.

Ich habe gestern die Frage gestellt: ‚Was steckt hinter diesem Unwillen?‘ und während ich gerade kopfüber hing und das Blut in meinen Kopf floss, wusste ich plötzlich, dass ich nicht grundsätzlich nichts tun will, sondern nur dann wenn ich das Gefühl habe ich diene. Dienen ist mit totalem Widerstand belegt, auch mir selbst dienen. Ich hasse mich selbst genau so als Teil der Welt und will mir keinen Gefallen tun. Dieser Teil will nichts und niemandem etwas Gutes bringen, und wenn es droht unabsichtlich zu passieren, dann zerstört er das noch irgendwie.

Mein ganzer Körper schreit: ‚Ich will nicht‘, ist ein einziges ‚ich will nicht‘. Da sitzt ein kleines Mädchen in meiner Mitte, das hat ein Nachthemd an, sitzt auf dem Boden, trommelt mit den Füßen, hat die Finger in den Ohren, die Augen zugekniffen und schreit.

Was ist mir dir?

ICH WILL NICHT!

Ja, das habe ich verstanden, was willst du denn nicht?

Sie hört auf zu trommeln, lässt die Hände sinken und macht die Augen skeptisch einen winzigen Spalt auf. ‚Das alles hier‘

Weißt du Kleine, ich würde wirklich gern verstehen was du meinst, ‚das alles‘ ist sehr ungenau. Meinst du dein Nachthemd?

‚Nein!‘

Das Zimmer

‚Nein!‘ verdreht sie sie Augen ‚Ich will mich nicht so fühlen!‘

Wie fühlst du dich denn?

‚Scheiße!‘

Oh, so etwas habe ich mir gedacht, aber geht es noch genauer?

‚Ich fühle mich als wäre in meinem Inneren ein Vulkan kurz vor dem Explodieren und ich gleichzeitig in einer Presse stecke, die mich von allen Seiten zusammendrückt.‘

Das klingt ja nicht gut.

‚Sag ich doch, gefangen, kann weder explodieren noch verschwinden, muss in der Hölle bleiben‘

Weißt du, wie du in diese Lage geraten bist?

‚Für mich ist in dieser Welt kein Platz an dem ich mich wohlfühlen kann, sein kann.‘

Ich setze mich neben sie und nehme sie in den Arm. ‚Ich bin so müde von dem ganzen Kampf, ich möchte hier nicht mehr sein.‘ Sie rollt sich zusammen und schläft ein.

Ich werde vollständig in die graue Schattenwelt eingesogen, Hier gibt es nichts, nur grau. Und das Grau ist zäh. Macht schwer und müde und aussichtslos.

Ich versuche mich zu bewegen aber ich komme nicht vom Fleck, meine Energie schwindet rapide. Ich kann nicht mehr, ich lasse mich zu Boden sinken. Der Boden gibt nach, er wird zu einem Netz, das nach unten durchhängt, nach unten in das Universum. Da unten ist es dunkel und kalt mit Sternen.

Ich schmelze durch das Netz hindurch und schwebe durch das Universum wie ein Einzeller im Wasser. Irgendwie unrund und planlos. Ich schaue mich um, es ist überall schrecklich, ich weiß nicht wohin, ich weiß nicht wohin, ich weine, da ist es zu heiß, da ist es zu grau, da ist es zu kalt, überhaupt ist es hier fremd und hässlich, ja fremd und hässlich und ungastlich. Wie soll ich mich hier jemals wohlfühlen? Was soll das Ganze hier? Kann mir das mal jemand sagen?

In meinem Magen ist ein Strudel, als würde ich in ein schwarzes Loch hineingesogen.

‚Ich will, dass es mir gut geht!, das kleine Mädchen ist wieder wach, sie steht und stampft dabei mit einem Fuß auf den Boden. ‚Ich will, ich will, ich will, es soll mir endlich gut gehen!‘

Ich habe nicht die geringste Ahnung was ich tun soll. Ich schaue ihr einfach zu, wie sie mit dem Fuß stampft und ‚ich will, ich will‘ schreit. Sie kommt näher, mit dem Gesicht vor mein Gesicht und sagt: ‚Hallo, hörst du denn nicht zu? Ich will dass es mir gut geht!‘

Doch, ich höre, aber ich weiß nicht was ich da tun kann.

‚Hör mir einfach zu! Ich will dass es mir gut geht, ich habe ein Recht darauf dass es mir gut geht, es ist nicht richtig dass es mir schlecht geht, es ist nicht richtig, verstehst du?‘

Ja, das stimmt, es ist nicht richtig, man hat dir unrecht getan. Man hat dir ein Unrecht angetan. Es war falsch, du hast das nicht verdient. Niemand verdient so etwas. Ich nehme sie in den Arm und murmele vor mich hin: ‚Man hat dir großes Unrecht angetan‘, immer und immer wieder will sie das hören. Wir weinen.

Ich bin total erschöpft, der Vulkan und die Presse haben nachgelassen. Die tiefe Traurigkeit ist da, aber ich kann einigermaßen mit ihr sein.