Nachdem ich alles auf Null gesetzt habe, habe ich das Universum, Gott, den Heiligen Geist um Hilfe und um Führung gebeten. Ich kann das nicht allein, bitte führe mich.
Seitdem bin ich in einer Art Dauergespräch, sehr lustig übrigens, in dem ich diese Quelle bei jedem noch so kleinen Kinkerlitzchen um Rat frage, weil ich weiß, dass ich nichts weiß.
Wann immer es mir einfällt frage ich, und die weitaus häufigste Antwort, die ich bekomme ist: ‚Jetzt atme erstmal.‘ Jedes Mal merke ich erst dann, dass ich den Atem angehalten habe, nur noch flach atme, ein typisches Symptom der Übererregung.
Und wenn ist wieder tief einatme, löst sich die Spannung und ich habe wieder Zugang zu mir und weiß wie es weitergeht.
Heute habe ich zum ersten Mal beim Essen Protest gehört. Hunger war da, das ist nicht der Punkt, aber als ich mir etwas zu essen machen wollte, von dem ich dachte, dass ich das jetzt will, hörte ich ganz deutlich die Stimme: ‚Willst du das wirklich essen?‘, obwohl ich gar nicht gefragt hatte. Ja will ich, sagte ich. ‚Probiere doch mal und sage mir, ob das wirklich gut für dich ist‘. Na gut, dann probierte ich also, und igitt, ich merkte, mein Körper will das gar nicht, aber mein Mund schon. Der Mund gierte danach, der Restkörper ekelte sich.
Ich aß etwas anderes, dem Körper gefällt es, er fühlt sich angenehm satt, trotzdem leicht und frisch. Eigentlich ein Traumzustand. Aber einem Teil gefällt das ganz und gar nicht. Der Mund giert nach dem anderen Essen, er will was Schweres, Konsistentes, Fettes. Wenn ich mir aber vostelle, das wirklich in meinen Körper zu tun, dann sträubt er sich vehement dagegen, schüttelt sich und zittert.
Warum willst du das essen, obwohl es für den Körper nicht gut ist?
‚Hm, ich will was Schweres, was Dichtes, der Körper soll sich nicht so leicht fühlen, er muss schwer werden.‘
Und wenn er leicht bliebe, was dann?
Dann spüre ich die Unruhe.
Welche Unruhe?
Des inneren dünnen Körpers.
Oh. (Ich hatte neulich in der Therapie herausgefunden, dass die beiden Körper, die ich wahrnehme, der ganz dünne, hypernervöse und der ganz dicke, total dumpfe und träge, beide nicht meine natürlichen Körper sind. Bisher hatte ich gedacht, der dünne wäre mein echter Körper. Aber beide sind falsche Körper, einer dünn gehungert und einer fett gegessen. Meinen natürlichen Körper kenne ich gar nicht.)
Ok, dünner Körper, was ist los?
Ich habe so Angst, dass ich wieder so sein muss, dass ich mit Hunger gequält werde um des Gewichts willen, dass ich wieder so zittern und darben und frieren und leiden muss.
Oh, das verstehe ich, das waren schlimme Zeiten für dich, oder?
Ja, das stimmt, es überrascht mich, dass du das so siehst, du hast dir doch sonst diese Zeiten immer herbeigewünscht.
Ja, das stimmt, das war bevor ich wusste, dass du gar nicht mein natürlicher Zustand bist.
Und jetzt weißt du es?
Ja, ich weiß es jetzt absolut. Du bist nicht mein natürlicher Körper, du bist viel zu dünn.
Heißt das, du wirst mich nie mehr da hin quälen, auch nicht heimlich anstreben? Das fühle ich nämlich, du kannst das nicht vor mir verbergen.
Ja, das kann ich dir versprechen. Ich habe das verstanden, du bist nur mit Qualen verbunden, du bist nicht natürlich. Ich möchte meinen natürlichen Körper finden und nicht den dünnsten, den ich haben kann.
Es ist eine solche Erleichterung spürbar, es rührt mich zu Tränen. Es stimmt, zum ersten Mal in meinem Leben bin ich bereit meinen natürlichen Körper zu akzeptieren, wohl wissend, dass er nicht die früheren Kriterien des Akzeptablen erfüllen wird. Und ich freue mich darauf ihm jeden Tag ein wenig näher zu kommen.