Wir sind alle gleich

Kinder sind krank, nicht alle, aber manche mit Erbrechen. In zwei Stunden muss ich los zum Praktikum, ich fühle mich elend. Die Schwingungen der Krankheit bedrücken mich total, ich fühle mich selbst schlecht, habe Angst, dass es mir in der Klinik dann auf einmal schlechter geht.

Überhaupt, es ist ein großer Widerstand gegen das Kranksein da, schon immer gewesen bei mir. Ich versuche mich mit der Sehnsuchtsmutter zu verbinden und mich so gut es geht durch diesen Termin zu tragen.

Auf der Autofahrt habe ich die Vereinbarung mit mir selbst getroffen, dass ich die wichtigste Person für mich bin. Auch, oder gerade in dieser neuen Situation mit unbekannten Menschen.

Immer wieder konnte ich mich zwischendurch an mich erinnern. Ich merkte dann sofort, dass ich fast nicht mehr atmete, absolut im Aushaltemodus war. Ich habe mich dann gefragt, wie es sich anfühlen würde, wenn das Leben mich wirklich lieben würde, und sofort musste ich lächeln.

Und nicht nur das, jedesmal wenn ich wieder voll mit mir verbunden war, spürte ich auch eine tiefe Verbindung zum Feld der Patienten. Wirkliches Einfühlen geht nur über die Eingenanbindung. Wenn ich von mir getrennt bin, bin ich von allen getrennt. Dabei bin ich das ja ursprünglich gerade um beim anderen zu sein. Was für ein Irrtum. Das konnte ich heute richtig ausprobieren. Raus und rein und raus und rein.

Noch eine Erkenntnis des heutigen Tages. Auch in der Psychiatrie geht es um die gleichen Themen. Kein Gefühl für sich, für seine Bedürfnisse, für seine Grenzen, keine Erlaubnis sich helfen zu lassen, keine Erlaubnis für sich zu gehen. Es geht immer um die Liebe, immer um die Selbstliebe.

Ob man dann in der Psychiatrie landet oder esssüchtig wird, alles eine Laune der Natur. Wir sind alle gleich und haben die gleichen Herausforderungen zu bewältigen. Oder immer nur die eine: zu lernen uns selbst zu lieben.

Von diesem Erlebnis beeindruckt konnte ich, als ich zuhause war, mich erst sofort hinlegen, bevor andere Dinge ihr Verführungswerk anfangen. Nach kurzer Zeit war sogar Küche aufräumen möglich, immer mit der Frage, wie mache ich das wenn ich mich selbst liebe. Wie kann ich meinen Zustand liebevoll integrieren? Ich habe alle paar Minuten Pause gemacht, habe zwischendurch Tee getrunken, und bin tatsächlich nach dem Aufräumen und Kochen besser beieinander als davor.

Wenn ich mir die Pausen, das Tempo und die Begleitung erlaube, die ich gerade brauche, dann laufe ich nicht aus, selbst dann nicht, wenn ich krank bin, im Gegenteil, ich tanke auf. Nur der springende Punkt für mich ist, es mir wirklich zu erlauben, es einfach machen gegen Widerstand, wenn ein Teil von mir dagegen ist, bringt nichts, hält nur den Kampf aufrecht. Dieser Teil braucht ebenfalls eine liebevolle Begleitung, eine Integration.

Damit ist meine Frage beantwortet, die ich ungefähr ein Jahr mit mir herumtrage. Warum bin ich immer fertig und energielos, obwohl ich so viele Pausen in meinen Alltag eingebaut habe?

Weil ich sie mir bisher nicht aus ganzem Herzen erlauben konnte. Das Leben gibt mir immer die Antwort, manchmal braucht es einfach etwas länger. ‚Das Leben liebt mich‘, ich liebe diesen Satz.